World-AIDS-Day: Gemeinsam für Aufklärung
Am 1. Dezember wird weltweit der Welt-AIDS-Tag begangen – ein Tag, der nicht nur das Bewusstsein für HIV und AIDS schärfen soll, sondern auch an die Menschen erinnert, die an den Folgen dieser Krankheiten leiden.
39 Millionen Menschen weltweit leben mit HIV, und auch in Österreich gibt es nach wie vor eine hohe Zahl von Neuinfektionen. Trotz medizinischer Fortschritte und der Tatsache, dass HIV heutzutage behandelbar ist, bleibt die gesellschaftliche Stigmatisierung ein ernstes Problem. Der Welt-AIDS-Tag dient daher auch als Gelegenheit, gegen Vorurteile und Diskriminierung anzukämpfen und die öffentliche Aufklärung zu fördern.
HIV und AIDS: Was steckt dahinter?
Zunächst einmal ist es wichtig zu klären, dass HIV (Human Immunodeficiency Virus) und AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome) nicht dasselbe sind. HIV ist ein Virus, das das Immunsystem angreift und unbehandelt über Jahre hinweg zu AIDS führen kann, was das Endstadium der Infektion darstellt. Heute jedoch können Menschen mit HIV durch antiretrovirale Medikamente ein nahezu normales Leben führen, ohne an AIDS zu erkranken.
Trotz dieser Fortschritte gibt es immer noch viele Missverständnisse über HIV. Viele Menschen wissen nicht, dass HIV heute weder ein Todesurteil noch besonders ansteckend ist. Dies führt zu der oft schmerzhaften Erfahrung von Stigmatisierung für die betroffenen Menschen.
Dr.in Mirijam Hal, Vorsitzende der AIDS-Hilfe Wien, spricht über die noch immer verbreiteten falschen Vorstellungen: „Viele glauben, dass HIV schon durch alltäglichen Kontakt wie Umarmen oder Benutzen desselben Bestecks übertragen werden kann. Das ist völliger Unsinn. Nur durch ungeschützten Geschlechtsverkehr, Blutkontakt oder während der Geburt kann das Virus weitergegeben werden.“
Stigmatisierung: Das größere Problem
Obwohl die medizinische Behandlung von HIV in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte gemacht hat, bleibt das größere Problem die gesellschaftliche Stigmatisierung. Menschen, die mit HIV leben, erleben immer noch Diskriminierung. Viele Betroffene haben Angst, sich testen zu lassen, weil sie fürchten, mit ihrer Diagnose stigmatisiert oder sogar diskriminiert zu werden.
Dr.in Hal erklärt: „HIV ist keine Krankheit, vor der man Angst haben muss. Die eigentliche Gefahr liegt darin, dass viele Menschen sich nicht testen lassen, weil sie befürchten, stigmatisiert zu werden.“
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Moderne Medikamente: Ist HIV behandelbar?
In den 1980er Jahren war eine HIV-Diagnose noch ein Todesurteil. Heute jedoch können antiretrovirale Medikamente das Virus so stark unterdrücken, dass es im Blut nicht mehr nachweisbar ist und nicht mehr weitergegeben werden kann – selbst bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr.
Diese Fortschritte in der Medizin ermöglichen es Menschen mit HIV, ein langes und gesundes Leben zu führen. Die Kampagne „U=U“ (Undetectable = Untransmittable) hat dazu beigetragen, dieses Wissen zu verbreiten.
Dr.in Hal weist jedoch darauf hin, dass der Zugang zu dieser Therapie nicht überall garantiert ist: „Es gibt noch immer Regionen, in denen Menschen keinen Zugang zu lebensrettenden Medikamenten haben. Besonders in afrikanischen Ländern südlich der Sahara sterben weiterhin viele Menschen an AIDS, obwohl die Behandlung längst verfügbar ist.“
Neue Hoffnung durch Spritze
Neben der Behandlung von HIV gibt es auch zunehmend Fortschritte in der Prävention. Besonders hervorzuheben ist eine neue Entwicklung: eine halbjährliche Injektion zur Prävention von HIV-Infektionen, die derzeit in Studien untersucht wird.
Dabei handelt es sich um das Medikament Lenacapavir, welches möglicherweise als Präventionsmaßnahme gegen HIV-Infektionen eingesetzt werden könnte. Die Ergebnisse der zulassungsrelevanten Phase-3-Studie Purpose 2 wurden kürzlich im New England Journal of Medicine veröffentlicht.
Dr.in Hal klärt auf, dass es sich dabei jedoch um erste Ergebnisse einer Studie handelt und „der Zulassungsprozess noch aussteht. Für Menschen mit erhöhtem Risiko kann diese Methode eine sinnvolle Option sein, allerdings ist die langfristige Wirksamkeit noch nicht ausreichend erforscht.„
Bereits etabliert ist die sogenannte PrEP (Präexpositionsprophylaxe), bei der HIV-negative Menschen täglich eine Tablette einnehmen, um sich vor einer Infektion zu schützen. Ab 2024 wird die PrEP in Österreich von den Krankenkassen übernommen, was einen großen Schritt nach vorne darstellt, auch wenn Dr.in Hal noch Verbesserungspotenzial sieht: „Mit der Rückerstattung der PrEP durch die Gesundheitskassen ist wirklich etwas Gutes gelungen. Allerdings wäre es viel besser, wenn man den Betrag für die PrEP nicht vorstrecken müsste, denn für viele Menschen ist der benötigte Betrag in Zeiten hoher Teuerung trotzdem eine große finanzielle Hürde.“
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Wer ist stärker betroffen?
Eine frühzeitige Diagnose von HIV ist von entscheidender Bedeutung, um den Verlauf der Krankheit positiv zu beeinflussen. In Österreich sind etwa 42 % der HIV-Diagnosen Spätdiagnosen, was bedeutet, dass viele Menschen erst sehr spät von ihrer Infektion erfahren, wenn das Immunsystem bereits stark geschädigt ist.
Besonders betroffen sind ältere Menschen über 50 Jahre sowie Personen mit einem heterosexuellen Übertragungsrisiko. Dr.in Hal erklärt: „Rund die Hälfte der HIV-Neudiagnosen in Österreich sind Männer, die Sex mit Männern haben. In dieser Gruppe sind aber die Diagnosen tendenziell relativ rasch nach der Infektion. Spätdiagnosen sind besonders häufig bei älteren Menschen und Personen mit heterosexuellem Übertragungsrisiko.“
Fehlinformationen auf Social Media
Die Herausforderung, junge Menschen in Zeiten von Social Media und digitalen Plattformen zu erreichen, ist groß. Auf sozialen Netzwerken kursieren häufig Fehlinformationen über HIV und sexuelle Gesundheit, die Ängste und Missverständnisse fördern. Dr.in Hal fordert: „Es braucht dringend gute, qualitätsvolle Sexualpädagogik in Schulen. Nur mit guter Aufklärung kann Fehlinformationen begegnet werden.“
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Nutzung von Social Media für Aufklärungskampagnen. Junge Menschen verbringen viel Zeit auf Plattformen wie Instagram, TikTok oder YouTube. Hier könnten gezielte, visuell ansprechende Kampagnen dazu beitragen, Fehlinformationen zu entkräften und fundierte Gesundheitsinformationen zu verbreiten.
Zugang zu HIV-Tests und Prävention für alle
Neben der Verfügbarkeit von Medikamenten und Präventionsmitteln ist auch der Zugang zu HIV-Tests von zentraler Bedeutung. In Österreich gibt es bereits anonyme und kostenlose HIV-Tests, doch viele Menschen scheuen sich immer noch vor dem Test, weil sie Angst vor der Stigmatisierung haben. Dr.in Hal fordert: „Ein HIV-Test sollte so selbstverständlich sein wie ein Blutdruckmessen. Je früher man Bescheid weiß, desto besser.“
In Zukunft wird die AIDS-Hilfe Wien ein Zentrum für sexuelle Gesundheit betreiben, in dem Testungen, Beratung und Prävention aus einer Hand angeboten werden. Dr.in Hal sieht hierin einen wichtigen Schritt: „Das Zentrum wird es ermöglichen, dass Menschen mit HIV oder anderen sexuell übertragbaren Infektionen umfassend betreut werden und sich nicht mehr alleine fühlen müssen.“
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So zeigst du Solidarität mit den Betroffenen
Der Welt-AIDS-Tag ist nicht nur eine Gelegenheit, an die Fortschritte in der Medizin zu erinnern, sondern auch an die globalen Herausforderungen im Kampf gegen HIV. Besonders in Ländern mit niedrigem Einkommen gibt es nach wie vor unzureichende medizinische Versorgung und Präventionsmaßnahmen.
Dr.in Hal bringt es auf den Punkt: „Wir müssen nicht nur die Krankheit bekämpfen, sondern auch die Angst und das Schweigen, die damit verbunden sind. Jeder kann einen Beitrag leisten – durch Aufklärung, Mitgefühl und den Abbau von Vorurteilen.“
Es ist wichtig, Solidarität mit den Betroffenen von HIV und AIDS zu zeigen, indem wir Vorurteile abbauen und für eine inklusive Gesellschaft eintreten. Jeder Mensch, der mit HIV lebt, verdient Akzeptanz, Unterstützung und Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung.
Indem wir über HIV aufklären, Stigmatisierungen hinterfragen und Betroffene in ihrem Alltag unterstützen, können wir gemeinsam dazu beitragen, eine Welt zu schaffen, in der HIV keine Barriere für ein erfülltes Leben darstellt.