Versteckte Risiken und Nebenwirkungen
Für viele Menschen sind lange, dichte und dunkle Wimpern das Schönheitsideal schlechthin – Lash Extensions und Lash Liftings erfreuen sich heute großer Beliebtheit. Doch nicht jeder hat die Zeit oder das nötige Budget, um regelmäßig ins Kosmetikstudio zu gehen. Hier kommen vermeintliche Wundermittel ins Spiel: Wimpernseren, die versprechen, die Wimpern auf natürliche Weise zu verlängern und zu verdichten – ganz ohne den Gang ins Beauty-Studio. Diese Seren erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, da sie schnelle Ergebnisse versprechen und einfach anzuwenden sind.
Allerdings birgt die Anwendung von Wimpernseren, insbesondere wenn sie bestimmte pharmazeutische Inhaltsstoffe enthalten, auch erhebliche Risiken. Wer mit dem Gedanken spielt, ein Wimpernserum zu verwenden oder bereits eines verwendet, sollte sich unbedingt über die möglichen, oft unterschätzten Nebenwirkungen im Klaren sein.
Wie wirken Wimpernseren?
Die meisten Wimpernseren, die ein effektives Wachstum versprechen, enthalten sogenannte Prostaglandinderivate, also künstlich hergestellte Prostagladine. Prostaglandine sind natürliche hormonähnliche Substanzen, die eine Vielzahl physiologischer Prozesse im Körper regulieren, einschließlich Entzündungsreaktionen, Schmerzempfindung und Blutdruckregulation. Ihre Wirkung auf das Haarwachstum, insbesondere der Wimpern, beruht auf der Stimulierung der Haarfollikel, der Verlängerung der Wachstumsphase (Anagenphase) und der Beeinflussung des Haarzyklus. Indem sie die Durchblutung der Follikel fördern, sorgen Prostaglandine dafür, dass mehr Nährstoffe und Sauerstoff zu den Haarwurzeln gelangen, was die Gesundheit und Vitalität der Wimpern verbessert.
Diese Mechanismen führen dazu, dass die Wimpern dicker, länger und dunkler werden, was die Grundlage für die Verwendung von Prostaglandinderivaten in Wimpernseren bildet. Die Wirkung von Prostaglandinen äußert sich oft in einer deutlichen Verbesserung des Wimpernwachstums, was sie zu einem beliebten Inhaltsstoff in kosmetischen Produkten gemacht hat. Doch wie kam man auf die Idee, eine hormonähnliche chemische Verbindung in der Kosmetikindustrie einzusetzen?
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Von Augenheilkunde in die Kosmetik
Alles begann in den 1950er Jahren mit der Entdeckung der Prostaglandine – faszinierende chemische Verbindungen, die im Körper wie kleine Hormone wirken und eine Reihe biologischer Prozesse steuern. Der große Durchbruch gelang in den 2000er Jahren, als Forscher:innen in der Augenheilkunde entdeckten, dass Prostaglandin-Derivate, die ursprünglich zur Behandlung von Glaukom entwickelt worden waren, überraschenderweise das Wimpernwachstum stimulieren konnten. Ein beliebtes Medikament, Bimatoprost, bescherte vielen Patient:innen lange, dichte Wimpern – ein unerwarteter „Nebeneffekt“.
Kosmetikunternehmen erkannten das Potenzial dieser Entdeckung und begannen um 2008 damit, Prostaglandine in Wimpernseren zu integrieren, die dann wie Eyeliner aufgetragen werden. Doch so wirkungsvoll diese Inhaltsstoffe auch sind, ihre Anwendung kann zahlreiche Nebenwirkungen und Risiken für die Augengesundheit bergen.
Reizungen und Entzündungen
Viele Anwender:innen klagen über kurzfristige Nebenwirkungen wie Augenreizungen, Rötungen, Juckreiz und Brennen an den Wimpernansätzen. Diese Beschwerden treten häufig auf, weil die empfindliche Haut um die Augen auf die aggressiven Wirkstoffe reagiert. In einigen Fällen kommt es auch zu geröteten und trockenen Augen, was besonders für Kontaktlinsenträger:innen problematisch ist. Glücklicherweise verschwinden diese Symptome in der Regel nach Absetzen des Serums, sind aber dennoch unangenehm und können bei empfindlicher Haut stärker ausgeprägt sein.
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Dunklere Haut am Augenlid
Eine weitere Nebenwirkung ist die Hyperpigmentierung und die Verdunkelung der Lidhaut. Das ist auf eine erhöhte Melaninproduktion in den Melanozyten der Haut zurückzuführen, die durch die Prostaglandine angeregt wird. Etwa 18 % der Anwender:innen sind davon betroffen. Die betroffene Hautpartie kann deutlich dunkler werden, was ästhetisch störend sein kann. Diese Pigmentveränderungen sind nicht immer reversibel und können auch nach Absetzen des Serums bestehen bleiben.
Dauerhafte Veränderung der Augenfarbe
Während die oben genannten Nebenwirkungen oft nur temporär sind, gibt es auch dauerhafte Risiken, die viele Nutzer:innen nicht kennen. Ein besorgniserregendes Phänomen im Zusammenhang mit der Anwendung von Prostaglandin-haltigen Seren ist die Verdunkelung der Iris. Vor allem Menschen mit hellen Augen (blau, grau, grün) berichten, dass ihre Augenfarbe dunkler geworden ist – eine irreversible Veränderung, die nicht rückgängig gemacht werden kann.
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Zystenbildung in der Makula und Schwellung der Netzhaut
In seltenen Fällen können prostaglandinhaltige Wimpernseren schwerwiegende Auswirkungen auf das Auge selbst haben, wie die Bildung von Zysten in der Makula, dem zentralen Teil der Netzhaut, und Schwellungen in diesem Bereich. Diese Veränderungen können das Sehvermögen langfristig beeinträchtigen. Die Risiken, die mit der Anwendung dieser Seren verbunden sein können, werden durch solche schwerwiegenden Komplikationen deutlich.
Fettgewebsverlust und älter wirkende Augen
Ein alarmierender Effekt von Prostaglandin-haltigen Wimpernseren ist der Verlust von Fettgewebe um die Augen, auch bekannt als periorbitale Fettatrophie. Bei regelmäßiger Anwendung von Prostaglandin-Seren kann das Unterhautfettgewebe abgebaut werden, was zu eingefallenen Augenpartien und dunklen Schatten unter den Augen führt. Dieses Phänomen, das oft als „hohle Augen“ beschrieben wird, verleiht dem Gesicht einen müden und gealterten Ausdruck. Nach Angaben von Dermatolog:innen tritt dieser Effekt bei bis zu 10 % der Anwender:innen auf. Die einzige Möglichkeit, dieses ästhetische Problem zu beheben, sind teure Injektionen von Hyaluronsäure.
@drdoireann Lash serums often contain active ingredients known as prostaglandin analogues. It was first discovered that they cause lash growth and increased volume of the lashes when a medication, bimatoprost, was used for patients with glauncoma and their fuller lashes were reported as a side effect. This lead to lash serums with bimatoprost and other similar chemicals, prostaglandin analogues, being developed👩🏼🔬 . Side effects of prostaglandin lash serums are rare but it’s important you know about the potential for these side effects before using them They include iris pigmentation or discolouration of the iris, pigmentation of the eyelid, fat loss around the eye and irritation of the eye 👀 . It can be tricky to see whether or not your lash serum has a prostaglandin analogue in it. PGAs banned for use in cosmetic products in Canada include: Alprostadil, Bimatoprost, Cloprostenol, Dinoprostone, Epoprostenol, Flurprostenol, Latanoprost, Misoprostol, Tafluprost, Travoprost, Treprostinil, Unoprostone, Dehydrolatanoprost, Ethyl travoprostamide, Trifluoromethyl dechloro ethylprostenolamide, Isopropyl phenylhydroxypentene dihydroxycyclopentylheptenate and Isopropyl cloprostenate👩🏼⚕️ . These potential side effects are rare but risk outweighs benefit for me! #skin #eyes #skincare #eyecare #mascara #beautybloggers #skincaretips ♬ original sound – Dr. Doireann O’Leary
Muskelschwäche um die Augen
Eine weitere ernste Nebenwirkung von Prostaglandinen ist, dass sie Muskelschwäche verursachen können. Obwohl es extrem selten vorkommt, zeigte eine in der Fachzeitschrift Clinical Ophthalmology veröffentlichte Studie, dass topisches Bimatoprost, ein weit verbreitetes Prostaglandinanalogon, eine Muskelatrophie oder Muskelschwäche um die Augen verursachen kann. Das kann zu einer Asymmetrie des Gesichts führen, wenn beispielsweise ein Auge weiter geöffnet wird, um die Schwäche des anderen Auges auszugleichen. Auch nach Absetzen des Wimpernserums kann es zu bleibenden Schäden führen.
Kosmetikprodukt oder Arzneimittel?
Ein weiteres Dilemma bei der Verwendung von Wimpernseren ist die rechtliche Grauzone, in der sich viele dieser Produkte bewegen. Prostaglandin-Derivate sind in medizinischen Augentropfen verschreibungspflichtig, werden aber in Kosmetika häufig rezeptfrei verkauft. In anderen Ländern wie Schweden und Kanada sind diese Wirkstoffe in Kosmetika bereits verboten. Die Tatsache, dass einige Wimpernseren höhere Konzentrationen dieser Wirkstoffe enthalten als verschreibungspflichtige Arzneimittel, unterstreicht die Notwendigkeit einer strengeren Regulierung. Denn als Kosmetikprodukte müssen diese Seren keine detaillierten Angaben zu Nebenwirkungen machen oder das Produkt gründlich erforschen, was den Anwender:innen ein Gefühl der falschen Sicherheit vermitteln kann.
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Mangelnde Kontrolle der Kosmetikprodukte
Ein weiteres Problem ist die unzureichende Kennzeichnung der Inhaltsstoffe. Untersuchungen des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Karlsruhe (CVUA) haben gezeigt, dass viele Produkte im Handel nicht korrekt gekennzeichnet sind. In einigen Fällen wurden Prostaglandinderivate verwendet, obwohl sie nicht auf der Liste der Inhaltsstoffe standen – ein klarer Gesetzesverstoß.
Besonders problematisch ist, dass Seren verkauft werden, die eine höhere Konzentration an Prostaglandinderivaten enthalten als rezeptpflichtige Augentropfen. Diese Seren werden jedoch nicht als Arzneimittel, sondern als Kosmetika eingestuft, wodurch strenge Zulassungsverfahren und klinische Studien umgangen werden. Verbraucher:innen sind somit nicht ausreichend über die Risiken dieser Produkte informiert.
Verbot in anderen Ländern
Während in Österreich immer noch über die Regulierung von Prostaglandinderivaten in Wimpernseren diskutiert wird, und diese Produkte weiterhin auf den Regalen von drogerien zu finden sind, gehen andere Länder konsequenter vor. In Schweden hat die Swedish Medical Products Agency bereits 2012 den Verkauf von Wimpernseren mit diesen Wirkstoffen verboten. Kanada und Australien zogen nach und nahmen prostaglandinhaltige Produkte vom Markt. In diesen Ländern hat man erkannt, dass der Einsatz dieser Stoffe in Kosmetika erhebliche Gesundheitsrisiken birgt.
Was passiert nach dem Absetzen?
Das Beste, was du für deine Augengesundheit tun kannst, ist, dein Wimpernserum abzusetzen. Allerdings stellen sich viele Anwender:innen die Frage: Was passiert nach dem Absetzen? Werden meine Wimpern wieder kürzer? Nach dem Absetzen eines Prostaglandin-Serums können verschiedene Veränderungen in der Struktur und im Wachstum der Wimpern beobachtet werden. Zu Beginn ist häufig eine allmähliche Abnahme der Wimpernlänge und -dichte zu beobachten, da die positive Wirkung des Serums nachlässt. Die Wimpern können in ihren Ausgangszustand zurückfallen, d.h. sie erscheinen kürzer und weniger voluminös. Außerdem kann es zu einem vermehrten Ausfall von Wimpern kommen, da der natürliche Wachstumszyklus wieder einsetzt und alte Wimpern Platz für neue machen. Dieser Verlust ist Teil des normalen Wachstumsprozesses und sollte dich nicht beunruhigen. Deine Wimpern werden einfach wieder auf die Länge wachsen, die sie vor der Anwendung hatten.
Alternative Lösungen: Sanftere Wege zu langen Wimpern
Wer auf den Traum von langen Wimpern nicht verzichten, aber das gesundheitliche Risiko minimieren möchte, sollte sich nach Alternativen umsehen. Es gibt Wimpernseren, die auf wachstumsfördernde Peptide, Biotin oder Panthenol setzen. Diese Inhaltsstoffe stärken die Wimpern und fördern ihre Gesundheit, ohne die gravierenden Nebenwirkungen von Prostaglandinderivaten.
Eine weitere natürliche Alternative ist Rizinusöl. Viele Nutzer:innen in Beauty-Foren schwören darauf, dass es das Wimpernwachstum anregt und die Wimpern gleichzeitig pflegt. Auch wenn die Wirkung weniger ausgeprägt ist als bei Prostaglandin-haltigen Seren, bietet Rizinusöl eine sanfte und sichere Methode, die Wimpern zu pflegen.
Zusätzlich kann die Einnahme von Biotin-Nahrungsergänzungsmitteln ebenfalls einen positiven Einfluss auf das Wimpernwachstum haben. Biotin ist bekannt dafür, die Haarstruktur zu stärken und das Wachstum zu fördern. Durch die tägliche Einnahme von Biotin können nicht nur die Wimpern, sondern auch die Haare und Nägel von einer verbesserten Gesundheit profitieren.
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Wimpernseren mit Vorsicht genießen
Die verlockenden Versprechungen von Wimpernseren können leicht dazu verleiten, mögliche Nebenwirkungen zu übersehen oder zu unterschätzen. Doch die Risiken, insbesondere bei Produkten mit Prostaglandinderivaten, sind real und können bleibende Schäden verursachen. Wer solche Produkte anwendet, sollte sich der möglichen Folgen bewusst sein und im Zweifelsfall auf risikoärmere Alternativen zurückgreifen. Denn schließlich sollte Schönheit nie auf Kosten der Gesundheit gehen.