Von Lust bis Halluzinationen
Der weibliche Orgasmus ist ein komplexer physiologischer Prozess, der Muskelkontraktionen, gerötete Haut und Hormonausschüttungen umfasst. Während die meisten Frauen auf ähnliche Weise auf den Orgasmus reagieren, gibt es auch seltene Reaktionen wie Niesen und Halluzinationen, wie eine kürzlich im Journal Sexual Medicine Reviews veröffentlichte Studie zeigt. Frauen, die während des Orgasmus Halluzinationen erleben, beschreiben das Phänomen als Gefühl, ihren Körper zu verlassen, und manche empfinden es sogar so, als würden sie in der Luft schweben. Bei einigen Frauen kann der Orgasmus auch unkontrolliertes Lachen oder Weinen auslösen. Was genau passiert jedoch während eines weiblichen Orgasmus im Körper, und wie führen diese Prozesse bei manchen Frauen zu so ungewöhnlichen Reaktionen?
Die 4 Phasen des Orgasmus
Bevor ein Orgasmus eintritt, durchläuft der weibliche Körper verschiedene Phasen der Erregung. Diese beginnen oft mit der Stimulation empfindlicher Bereiche. Während dieser Erregungsphase steigt die Durchblutung im Genitalbereich an, und der Körper bereitet sich auf den Höhepunkt vor. Dann folgt die Plateau-Phase, in der die Erregung ihren Höhepunkt erreicht und die Muskelspannung zunimmt. Der eigentliche Orgasmus wird durch eine Serie rhythmischer Muskelkontraktionen im Beckenbereich gekennzeichnet. Diese Kontraktionen betreffen die Beckenbodenmuskulatur, die Gebärmutter und andere Muskeln in diesem Bereich. Sie können zwischen drei und fünf Sekunden dauern und werden oft von einem Gefühl intensiver Lust begleitet. Während des Orgasmus werden auch verschiedene Regionen im Gehirn aktiviert, die mit der Verarbeitung von Freude und Belohnung verbunden sind. Schließlich tritt die Entspannungsphase ein, in der sich die Muskeln lockern und die Erregung abnimmt, während ein Gefühl der Zufriedenheit und des Wohlbefindens einsetzt.
Physiologische Veränderungen beim Orgasmus
Während des Orgasmus treten im Körper der Frau verschiedene physiologische Veränderungen auf, die eng mit den erlebten Empfindungen verbunden sind. Einige dieser Veränderungen umfassen:
- Erhöhter Blutfluss: Bei sexueller Erregung und beim Orgasmus wird die Durchblutung im Genitalbereich stark erhöht. Das führt zu einer Schwellung der Klitoris und anderer Gewebe in diesem Bereich.
- Muskelkontraktionen: Der Orgasmus wird von rhythmischen Muskelkontraktionen im Beckenbereich begleitet. Diese Kontraktionen sind Teil der sexuellen Reaktion des Körpers und tragen zum intensiven Lustempfinden bei.
- Freisetzung von Hormonen: Während des Orgasmus werden im Körper der Frau verschiedene Hormone freigesetzt, darunter Endorphine, Dopamin und Oxytocin. Diese Hormone spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation von Lust, Freude und Bindung.
- Aktivierung des Nervensystems: Der Orgasmus ist das Ergebnis einer komplexen Interaktion zwischen dem zentralen und peripheren Nervensystem. Während des Höhepunkts werden verschiedene Nervenbahnen aktiviert, die die sexuelle Erregung und die Lustempfindungen übertragen.
- Veränderungen im Gehirn: Weiblicher Orgasmus löst auch verschiedene komplizierte neurologische Veränderungen im Gehirn aus. Während des Höhepunkts werden Bereiche des Gehirns aktiviert, die mit Lust, Belohnung und emotionaler Verarbeitung verbunden sind.
Orgasmen bieten eine Vielzahl von gesundheitlichen Vorteilen, darunter eine verbesserte Stimmung und Stressreduktion. Die Freisetzung von Dopamin und anderen stimmungsaufhellenden Hormonen wie Serotonin, Vasopressin und Oxytocin während des Orgasmus kann den Cortisolspiegel senken und positive Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit haben. Forschungsergebnisse zeigen, dass weibliche Orgasmen den Schlaf verbessern, die Beckenbodenmuskulatur stärken und das Risiko von Herzproblemen verringern können. Gleichzeitig kann der weibliche Höhepunkt laut einer Studie aus dem Jahr 2023 durch die Ausschüttung von Endorphinen als eine Form der Schmerzlinderung bei verschiedenen Arten von Schmerzen, wie zum Beispiel Kopfschmerzen, dienen. Besonders bei schmerzhaften Menstruationskrämpfen kann das zur Linderung der Symptome und Schmerzen beitragen.
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So unterscheidet er sich vom männlichen
Der weibliche Orgasmus unterscheidet sich in mehreren Aspekten vom männlichen. Frauen können häufiger mehrere Orgasmen hintereinander erleben, im Gegensatz zu Männern, die eine Erholungsphase benötigen. Der männliche Orgasmus ist oft mit der Ejakulation verbunden, während es bei Frauen nicht die Norm ist, obwohl einige Flüssigkeiten absondern können. Die Unfähigkeit, beim Orgasmus zu ejakulieren, deutet bei Frauen jedoch auf keine Krankheit hin. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass weibliche Orgasmen durch die Stimulation verschiedener erogener Zonen und nicht nur der Genitalien erreicht werden können. Während Männer den Orgasmus oft als ein kurzes, intensives Gefühl der Erleichterung und des Vergnügens beschreiben, berichten Frauen über eine breitere Palette von Empfindungen während des Orgasmus. Studien zeigen unterschiedliche Gehirnbereiche während des Orgasmus bei Männern und Frauen, wobei Frauen komplexere Muster der Gehirnaktivität aufweisen können. Diese Unterschiede können jedoch von Person zu Person variieren, da jeder Mensch individuelle sexuelle Reaktionen hat.
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Häufige Missverständnisse
Es gibt viele falsche Vorstellungen über weibliche Orgasmen, wie die Annahme, dass Frauen, die keinen Orgasmus haben können, psychische Probleme haben müssen. Obwohl Traumata, Beziehungsprobleme und schlechte psychische Gesundheit den Orgasmus erschweren können, haben viele Menschen trotz einer gesunden Einstellung zur Sexualität und guten Beziehungen Schwierigkeiten. Ein Orgasmus ist eine komplexe körperliche und psychische Reaktion, und verschiedene gesundheitliche Probleme können das sexuelle Vergnügen beeinträchtigen. Ein Beispiel dafür ist Vulvodynie, ein chronisches Schmerzsyndrom, das die Vulva betrifft und oft ohne offensichtlichen Grund auftritt.
Es ist ein Mythos zu glauben, dass alle Frauen einen Orgasmus durch penetrierenden Sex erreichen können. Viele Frauen erreichen den Höhepunkt nur durch Klitorisstimulation. Auch emotionale Nähe zum Partner ist nicht immer eine Voraussetzung für einen Orgasmus, da es von individuellen Präferenzen abhängt. Studien zeigen, dass verschiedene Faktoren die Häufigkeit von Orgasmen beeinflussen, darunter Kommunikation, Zufriedenheit in der Beziehung und die Bereitschaft, neue sexuelle Erfahrungen zu machen. Es ist auch für den Partner nicht möglich, zu wissen, ob eine Frau einen Orgasmus hatte, ohne danach zu fragen. Druck oder Vorwürfe diesbezüglich sollten vermieden werden, da sie das sexuelle Erlebnis für beide beeinträchtigen können. Es ist wichtig, offen und einfühlsam zu kommunizieren, um die sexuelle Erfahrung für beide Partner zu verbessern.
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