Triggerwarnung:
Dieser Artikel behandelt Themen wie Fettreduzierung und Gewichtsverlust, die potenziell für manche Menschen belastend sein können. Bitte denke daran, dass eine ausgewogene und vor allem ausreichende Ernährung wichtig ist, um gesund zu bleiben. Wenn du dich in einer schwierigen Phase hinsichtlich deiner Essgewohnheiten befindest, empfehlen wir, dich mit jemandem auszutauschen oder professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Kein Ernährungsplan funktioniert für alle
Hast du dich schon einmal gefragt, warum manche Menschen scheinbar alles essen können, ohne zuzunehmen, während andere selbst bei einem kleinen Stück Kuchen vorsichtig sein müssen? Es mag ungerecht erscheinen, aber die Antwort liegt in unseren Genen. In den letzten Jahren hat die Forschung beeindruckende Erkenntnisse darüber gewonnen, wie unsere genetische Veranlagung die Art und Weise beeinflusst, wie wir Nahrung verwerten.
Die überraschende Erkenntnis? Es gibt nicht den einen Ernährungsplan, der für alle funktioniert. Jeder Mensch ist einzigartig – und das gilt auch für unsere Ernährung. Doch wenn herkömmliche Diäten nicht helfen, was bleibt dann? Wir haben Daniel Wallerstorfer, Genetik-Experte und Gründer des HealthTech-Unternehmens Novogenia, um Rat gefragt.
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Warum deine Gene den Unterschied machen
Die Genforschung zeigt, dass unsere Gene einen großen Einfluss darauf haben, wie wir mit Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen umgehen. Unsere Gene spielen eine entscheidende Rolle dabei, wie unser Körper auf verschiedene Makronährstoffe reagiert und wie diese aufgenommen werden. Ein Schlüsselgen in dieser Debatte ist das FTO-Gen, das unter anderem bestimmt, wie wir Fett verarbeiten und wann wir uns satt fühlen.
Der Genetiker Daniel Wallerstorfer erklärt: „Wenn es richtig funktioniert, ist unser Hungergefühl so stark, wie es sein sollte. Bei defekten FTO-Genen gerät diese Regulation aus dem Ruder, die Menschen werden früher wieder hungrig und leiden stärker unter Hunger“.
Für Menschen mit dieser genetischen Veranlagung kann das bedeuten, dass sie schneller an Gewicht zunehmen. Sie neigen auch eher zu kalorien- und fettreicher Nahrung als Menschen ohne dieses Gen. Tatsächlich zeigen Studien, dass Menschen mit einer bestimmten Variante des FTO-Gens durchschnittlich drei Kilogramm mehr wiegen als Menschen ohne diese genetische Veränderung.
Kohlenhydrate – Freund oder Feind?
Wenn es um Kohlenhydrate geht, gibt es keine einfache Antwort. Viele Diättrends verteufeln sie, aber die Wahrheit ist viel komplexer. Einige Menschen sind genetisch besser darin, Kohlenhydrate zu verarbeiten, während andere eher auf eine fettreiche oder eiweißreiche Ernährung setzen sollten.
„Ist man genetisch nicht gegen Kohlenhydrate empfindlich, haben Studien gezeigt, dass man ohne Gewichtszunahme 65% der Kalorien aus Kohlenhydraten gewinnen kann. Das ist einiges an Brot und Pasta.“, erklärt der Experte.
Doch auch für Menschen, die Kohlenhydrate gut verwerten können, gibt es einige Regeln. Zum Beispiel kann die Insulinempfindlichkeit im Laufe des Tages schwanken. Das bedeutet, dass der Körper Kohlenhydrate am Abend weniger effizient verarbeitet, was dazu führen kann, dass überschüssige Kohlenhydrate eher als Fett gespeichert werden. Wallerstorfer rät daher, Kohlenhydrate am Abend nur in Maßen zu genießen, da der Stoffwechsel dann langsamer arbeitet.
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Personalisierte Ernährungsstrategien
Was bedeutet das alles für die Ernährung? Die Antwort ist einfach: Personalisierung. Die Genforschung eröffnet uns die Möglichkeit, maßgeschneiderte Ernährungspläne zu entwickeln, die auf unsere individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. „Wenn wir wissen, welche Kalorien uns zwar schmecken, aber unser Körpergewicht nicht erhöhen, ist es einfacher, das optimale Gewicht zu halten oder zu reduzieren.“, sagt der Genforscher.
Wer zum Beispiel merkt, dass sein Körper Kohlenhydrate gut verwertet, kann ruhig öfter Nudeln oder Brot essen. Wenn deine Gene aber zeigen, dass du Fett besser verstoffwechselst, kann eine fettreichere Ernährung mit weniger Kohlenhydraten für dich der bessere Weg sein.
Auch bei Nahrungsergänzungsmitteln spielt die Genetik eine wichtige Rolle. Nicht jeder Mensch kann bestimmte Vitamine und Mineralstoffe gleich gut aufnehmen. Manche Menschen haben aufgrund ihrer Gene Schwierigkeiten, Vitamin B12 oder Folsäure zu verwerten. Ein Gentest kann helfen, herauszufinden, welche Nährstoffe du besser dosieren solltest.
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Epigenetik: Du hast mehr Kontrolle, als du denkst
Neben den Genen gibt es einen weiteren wichtigen Faktor: die Epigenetik. Während unsere Gene festlegen, wie unser Körper funktionieren soll, bestimmt die Epigenetik, wie aktiv diese Gene tatsächlich sind.
Wallerstorfer beschreibt es so: „In der Genetik gibt es 2 wichtige Stufen der Gen-Funktion. Das eine ist die Genetik – das sind die Anweisungen, die im Gen stecken, wie der Körper eine Funktion erfüllen soll (z.B. „Bau starke Knochen auf!“). Wenn das Gen nicht defekt ist und grundsätzlich seine Funktion erfüllen kann, ist noch wichtig wie aktiv das Gen ist. Das heißt, wie aktiv es seine Aufgabe erfüllt. Das ist die Wissenschaft der Epigenetik – der Aktivität des funktionalen Gens.“
Das Spannende ist, dass man die Epigenetik beeinflussen kann. Obwohl Gendefekte nicht direkt repariert werden können, ist es laut Wallerstorfer oft möglich, durch einen gesunden Lebensstil und die richtige Ernährung die Aktivität der Gene positiv zu beeinflussen. Schwermetalle, Alkohol sowie Stress und Schlafmangel können sich hingegen negativ auf die Epigenetik auswirken, weshalb der Experte rät, diese Faktoren zu minimieren.
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Genaktivität durch Ernährung ankurbeln
Um die Aktivität der Gene zu steigern, ist eine ausgewogene Ernährung wichtig. Dabei sollte man laut Wallerstorfer gezielt auf bestimmte Nährstoffe achten. Besonders wertvoll sind Omega-3-Fettsäuren, die in fettem Fisch und Nüssen vorkommen, da sie entzündungshemmende Gene aktivieren und das Risiko für chronische Entzündungen senken können.
Auch Polyphenole, die in buntem Obst und Gemüse enthalten sind, spielen eine wichtige Rolle. Sie fördern die Aktivität von Genen, die den Stoffwechsel ankurbeln, und können daher vor allem für Menschen mit einem langsamen Stoffwechsel von Nutzen sein. Wichtig sind auch Methylfolat und das B-Vitamin Cholin, das in grünem Blattgemüse, Vollkornprodukten und Eiern enthalten ist.
Auch Curcumin, das in Kurkuma enthalten ist, und Zink, das in Fleisch, Nüssen und Hülsenfrüchten vorkommt, unterstützen die Genaktivität. Eine abwechslungsreiche und nährstoffreiche Ernährung ist also der Schlüssel, um deine Epigenetik positiv zu beeinflussen und deine Gesundheit langfristig zu verbessern. Mit kleinen Veränderungen in deinem Essverhalten kannst du viel erreichen und die Regulation deiner Gene unterstützen.
Wallerstorfer gibt jedoch zu bedenken: „Es gibt keine Universallösung für die eigene körperliche Gesundheit und das Gewichtsmanagement. Jeder Mensch hat andere Voraussetzungen und Bedürfnisse.“ Die Zukunft der Gesundheit liegt also in der Personalisierung – und unsere Gene sind der Schlüssel dazu. Wenn du dich fragst, wie du deine Gesundheit langfristig verbessern kannst, könnte ein Gentest der erste Schritt sein.
Deine Gene verraten dir nicht nur, welche Lebensmittel du besser verträgst, sondern auch, welche Vitamine und Nährstoffe dein Körper wirklich braucht. Die Wissenschaft ist sich einig: Wir haben mehr Kontrolle über unsere Gesundheit, als wir bisher dachten – und der Schlüssel dazu liegt in unseren Genen.
Dr. Daniel Wallerstorfer, Molekularbiologe und Biotechnologe