Tag der Sternenkinder: Wege zur Heilung nach dem Verlust

Wie können Eltern eine Fehlgeburt überstehen?
Disclaimer: Die Informationen in diesem Text dienen ausschließlich allgemeinen Bildungs- und Informationszwecken und ersetzen keinesfalls eine professionelle medizinische oder psychologische Beratung. Psychische Erkrankungen sind komplexe und individuelle Zustände, die einer professionellen Diagnose und Behandlung bedürfen.

Gedenktag der glückslosen Schwangerschaften

Heute, am 15. Oktober wird weltweit der Tag der Sternenkinder begangen – ein Tag des stillen Gedenkens an die Kinder, die vor, während oder kurz nach der Geburt von uns gegangen sind, bevor ihr Leben richtig beginnen konnte. Dieser Tag ist besonders all jenen Eltern gewidmet, die mit dem unvorstellbaren Schmerz einer Fehl- oder Totgeburt konfrontiert wurden. Obwohl diese Tragödien tief in das Leben der Betroffenen eingreifen, bleiben sie oft im Verborgenen.

Viele Eltern leiden im Stillen, unsichtbar für die Außenwelt, und erleben, dass ihr Verlust nicht immer die gesellschaftliche Anerkennung findet, die er verdient. Fehl- und Totgeburten sind keine Seltenheit, dennoch wird kaum offen darüber gesprochen.

Der Schmerz wird oft verdrängt, verharmlost oder gar tabuisiert – dabei verändert der Verlust eines Kindes während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt das Leben der betroffenen Familien tiefgreifend. Der Tag der Sternenkinder soll nicht nur die Erinnerung an die verlorenen Kinder wachhalten, sondern auch das Bewusstsein für die emotionalen, psychischen und sozialen Herausforderungen schärfen, mit denen betroffene Eltern konfrontiert sind.

Die Realität von Fehl- und Totgeburten

Fehlgeburten, auch Spontanaborte genannt, sind sehr häufig und betreffen schätzungsweise jede fünfte bis sechste Schwangerschaft. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben weltweit jährlich etwa 23 Millionen Föten in der Frühschwangerschaft.

Als Totgeburt wird dagegen der Verlust eines Kindes nach der 20. Schwangerschaftswoche oder mit einem Gewicht von mehr als 500 Gramm bezeichnet. In Österreich enden etwa 15% aller Schwangerschaften unglücklich.

Die Ursachen für Fehl- und Totgeburten sind vielfältig. Häufig sind genetische oder chromosomale Störungen die Ursache. Aber auch Faktoren wie das Alter der Mutter, bestimmte Gesundheitsprobleme, Infektionen oder Umweltfaktoren können eine Rolle spielen. Unabhängig von den Ursachen bleibt der Verlust für die betroffenen Eltern eine tiefe traumatische Erfahrung.

Psychische Auswirkungen auf Eltern

Der Verlust eines Kindes, auch wenn es nie das Licht der Welt erblickt hat, kann für die Eltern tiefgreifend sein. Nach einer Fehl- oder Totgeburt fühlen sich viele Eltern verloren, allein und in ihrem Schmerz unverstanden. Die emotionale Reaktion auf einen solchen Verlust kann eine Vielzahl von Gefühlen umfassen, darunter tiefe Trauer, Schuldgefühle, Wut und Verzweiflung.

Diese intensiven Gefühle können zu einer erheblichen psychischen Belastung führen, die sich auf das gesamte Leben der Betroffenen auswirkt. Studien zeigen, dass Eltern, die eine Totgeburt erleben, in ihrem Trauerprozess ähnliche Emotionen erleben wie Eltern, die ein älteres Kind verloren haben. Nicht selten führt diese Erfahrung zu posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS), Depressionen oder Angststörungen.

Insbesondere Frauen, die während der Geburt emotional und körperlich stark gefordert waren, berichten häufig von intensiven Trauergefühlen, die über den Verlust des Kindes hinausgehen und auch das eigene Selbstwertgefühl und die Beziehung zum Partner belasten können. Der Weg der Trauerverarbeitung ist individuell und kann von der Gesellschaft oft nicht ausreichend unterstützt werden.

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Missverstandene Trauer

Leider kommt es vor, dass Familie und Freunde den betroffenen Eltern sagen, sie sollten den Verlust nicht so stark empfinden. Diese Einstellung ist besonders häufig, wenn eine Fehlgeburt in der Frühschwangerschaft auftritt, was in den meisten Fällen der Fall ist. Ein früher Verlust ist jedoch nicht unbedingt leichter zu verkraften als ein später. Auch wenn eine Frau nur kurz schwanger war, kann diese Schwangerschaft lange geplant gewesen sein.

Viele Menschen wissen nicht, wie sie mit betroffenen Eltern umgehen sollen. Oft herrscht die Meinung vor, dass es sich nur um eine „missglückte Schwangerschaft“ handelt, und der Verlust wird nicht in dem Maße anerkannt, wie er es verdient. Das führt dazu, dass viele Eltern ihre Trauer im Stillen verarbeiten müssen, ohne die Unterstützung und das Mitgefühl zu erhalten, die sie dringend benötigen.

Gerade in den ersten Wochen nach einer Fehlgeburt trauern viele Eltern allein, weil sie das Gefühl haben, dass niemand um ihr „nicht geborenes Kind“ mittrauert. Die Stille um das Thema macht es ihnen schwer, ihre Gefühle auszudrücken und darüber zu sprechen.

Viele Paare entscheiden sich daher, ihre Schwangerschaft erst nach der 12. Woche öffentlich zu machen, da das Risiko einer Fehlgeburt in der Frühschwangerschaft vergleichsweise hoch ist. Diese Entscheidung kann aber auch dazu führen, dass sie in der Trauerphase niemanden haben, mit dem sie ihre Gefühle teilen können.

Professionelle Unterstützung

Die professionelle Unterstützung durch Psycholog:innen oder Trauertherapeut:innen ist für betroffene Eltern nach einer Fehl- oder Totgeburt von entscheidender Bedeutung. Der Verlust eines Kindes kann zu enormen emotionalen und psychischen Belastungen führen und viele Eltern sehen sich mit intensiven Gefühlen wie Trauer, Schuld und Verzweiflung konfrontiert, die sie allein oft nur schwer bewältigen können.

Eine erfahrene Fachkraft schafft einen geschützten Raum, in dem Eltern ihre Gedanken und Gefühle offen aussprechen können, was oft der erste Schritt zur Heilung ist. Therapeut:innen helfen, spezifische Trauerreaktionen zu erkennen und zu legitimieren, so dass die Betroffenen lernen können, ihren Schmerz als gültig zu akzeptieren.

Sie helfen auch, die Schuldgefühle zu reduzieren, die häufig nach einem Verlust auftreten, indem sie den Eltern Selbstmitgefühl vermitteln. In Einzel- oder Gruppentherapien können Eltern Bewältigungsstrategien entwickeln, die von kognitiver Verhaltenstherapie über Achtsamkeitsübungen bis hin zu kreativen Therapieformen reichen, um ihren Schmerz zu verarbeiten und ihre Lebensqualität zu verbessern.

Dabei ist es wichtig, auch Partner und Familienangehörige in den therapeutischen Prozess einzubeziehen, um Kommunikationsbarrieren abzubauen und ein besseres gegenseitiges Verständnis zu entwickeln.

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Selbsthilfegruppen und Gemeinschaft

Der Kontakt zu anderen Eltern, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, kann sehr tröstlich sein. Selbsthilfegruppen bieten die Möglichkeit, sich über den Verlust auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und Gemeinschaft zu erleben. Der Austausch mit Gleichgesinnten kann oft das Gefühl der Isolation lindern.

Im Zeitalter der digitalen Kommunikation gibt es auch zahlreiche Online-Plattformen, die speziell für den Austausch von Trauernden eingerichtet wurden. Foren oder geschlossene Gruppen in sozialen Netzwerken ermöglichen es, anonym und sicher über Gefühle und Erfahrungen zu sprechen. Folgende Vereine bieten Selbsthilfegruppen und Unterstützung für betroffene Eltern an:

  • Verein Regenbogen: Erreichbar unter 0676/6428692 oder info@shg-regenbogen.at
  • Verein Pustelblume: Erreichbar unter 0650/4789 578 oder shgfgsg@gmail.com
  • Mein Sternenkind: Erreichbar über das Formular auf mein-sternenkind.net

Rituale und Gedenken

Die Organisation einer Gedenkfeier kann ein wichtiger Schritt sein, um den Verlust zu würdigen und den Eltern die Möglichkeit zu geben, ihre Trauer öffentlich zu teilen. Solche Feiern können mit Freund:innen und Verwandten oder in kleinerem Rahmen stattfinden und Raum für persönliche Erinnerungen und Gebete bieten.

Ein Gedenkort, sei es im eigenen Garten, in der Natur oder an einem anderen bedeutsamen Ort, kann eine Möglichkeit sein, die Verbindung zum verstorbenen Kind aufrecht zu erhalten. Eltern können dort Blumen pflanzen, Steine beschriften oder Kerzen anzünden, um an den Verlust zu erinnern und den Ort regelmäßig aufzusuchen.

Bewältigung als Paar

Männer und Frauen reagieren in der Regel unterschiedlich auf eine Fehlgeburt. Männer nehmen oft eine „Problemlösungshaltung“ ein, wenn sie mit einer Krise konfrontiert werden. Sie können sich hilflos und unzulänglich fühlen, wenn sie den Schmerz ihrer Partnerin nicht „reparieren“ können. Ein weiteres häufiges Problem ist der Mangel an Kommunikation. Oft sieht ein Mann, dass seine Partnerin weint, wenn er über das Baby spricht, und lernt, das Thema nicht anzusprechen.

Da er es aber nicht anspricht, hat die Frau vielleicht das Gefühl, dass es ihm egal ist, obwohl der Verlust sie tatsächlich sehr mitnimmt. Es ist wichtig, dass Paare offen über ihre Gefühle sprechen und sich gegenseitig in ihrer Trauer unterstützen. Gemeinsam zu trauern kann helfen, die Beziehung zu stärken und die emotionale Last zu teilen. Einen Raum zu schaffen, in dem beide Partner ihre Gefühle ausdrücken können, ist entscheidend für Heilung und Verständnis.

Geduld mit sich selbst

Trauer ist ein individueller Prozess und es gibt kein „richtig“ oder „falsch“. Es ist wichtig, sich selbst zu erlauben, zu trauern und den Schmerz zuzulassen, ohne sich dafür zu schämen. Jeder Mensch verarbeitet einen Verlust anders, und es gibt keinen festgelegten Zeitraum, in dem der Schmerz verschwinden sollte.

Die Verarbeitung eines Verlustes ist oft ein langwieriger Prozess. Eltern sollten sich bewusst sein, dass es in Ordnung ist, Zeit zu brauchen und sich nicht unter Druck zu setzen, „weiterzumachen“. Es ist ein schrittweiser Prozess, der Geduld erfordert.

Ein neuer Start und ein neuer Versuch

Viele Frauen fragen sich nach einer Fehlgeburt, wann sie wieder versuchen können, schwanger zu werden. Frag deine Ärztin oder deinen Arzt, was für dich am besten ist. In der Regel setzt die erste Regelblutung vier bis sechs Wochen nach der Fehlgeburt ein. Grundsätzlich ist es sicher, nach einem normalen Menstruationszyklus wieder schwanger zu werden.

In manchen Fällen kann es jedoch ratsam sein, ärztliche Untersuchungen durchführen zu lassen, um die Ursache der Fehlgeburt herauszufinden. Doch deine Gefühle brauchen möglicherweise mehr Zeit zur Heilung als dein Körper. Es ist am besten, wenn du sowohl körperlich als auch emotional bereit bist, bevor du wieder schwanger wirst.

Viele betroffene Frauen entwickeln auch eine Angst vor einem erneuten Schwangerschaftsverlust. In den meisten Fällen haben Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben, bei der nächsten Schwangerschaft eine gesunde Schwangerschaft. Zögere also nicht, mit deiner Ärztin oder deinem Arzt über deine Sorgen zu sprechen.

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Sternenkinder bleiben für immer im Herzen

Der Begriff „Sternenkinder“ hat eine tiefe symbolische Bedeutung. Er basiert auf der Vorstellung, dass diese frühverstorbenen Kinder wie Sterne am Himmel leuchten – inspiriert von den berührenden Worten aus Antoine de Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“: „Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache. Du allein wirst Sterne haben, die lachen können“.

Diese Worte drücken Trost und Hoffnung aus, im Gegensatz zu den sachlichen Begriffen Fehlgeburt oder Totgeburt, die oft distanziert wirken. „Totgeburt“ enthält den schmerzlichen Widerspruch von Tod und Geburt, während „Fehlgeburt“ das Gefühl des Versagens hervorrufen kann.

Der Begriff „Sternenkinder“ hingegen weckt das Bild von funkelnden Sternen, die trotz des Verlustes ein Lichtblick im Dunkel der Trauer sind. So wie die Sterne für immer am Himmel bleiben, bleiben auch die Sternenkinder für immer im Herzen ihrer Eltern.

 

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