Schuldgefühle: Hast du schlechtes Gewissen an sonnigen Tagen?

istock / Nadija Pavlovic

Was ist „Sunshine Guilt“?

Es ist ein klarer, sonniger Tag, der Himmel strahlt tiefblau und viele Menschen sind im Freien unterwegs – sie genießen die Sonne beim Picknick, treiben Sport oder entspannen sich am See. Aber nicht jeder hat Lust, nach draußen zu gehen. Vielleicht bleibt man lieber zu Hause, entspannt sich, liest ein Buch oder schaut einen Film. In solchen Momenten kann sich jedoch ein Schuldgefühl einstellen: die sogenannte „Sunshine Guilt“ – das unangenehme Gefühl, einen sonnigen Tag nicht sinnvoll genutzt zu haben. Auch auf TikTok und Instagram wird dieses Gefühl momentan intensiv diskutiert. Warum fühlen wir uns schuldig, wenn wir uns entscheiden, einen schönen Tag drinnen zu verbringen? Was steckt hinter diesem emotionalen Druck und wie können wir lernen, uns davon zu befreien?

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Warum fühlen wir uns schuldig?

Der soziale Druck, sonnige Tage als kostbar zu betrachten, ist in vielen Kulturen tief verwurzelt. Vor allem in Regionen, in denen sonnige Tage seltener sind, gilt gutes Wetter als kostbares Gut, das nicht verschwendet werden darf. Schon als Kinder lernen wir, dass sonnige Tage dazu da sind, draußen zu spielen und aktiv zu sein. Diese frühen Erfahrungen prägen unser späteres Verhalten und führen oft dazu, dass wir uns schlecht fühlen, wenn wir nicht draußen sind, obwohl das Wetter es uns erlaubt. Außerdem wissen wir unbewusst, dass Sonnenlicht unser Wohlbefinden steigert, indem es die Produktion von Serotonin im Gehirn anregt. Serotonin, auch Glückshormon genannt, hebt unsere Stimmung und sorgt für ein allgemeines Gefühl der Zufriedenheit. Wer also bei Sonnenschein im Haus bleibt, hat das Gefühl, diese positiven Effekte zu verpassen, was zu einem schlechten Gewissen führen kann. Verstärkt wird dieser Druck durch die sozialen Medien, die uns fast täglich die perfekte Inszenierung von Outdoor-Aktivitäten präsentieren. Auf Plattformen wie Instagram und TikTok sehen wir ständig Fotos und Videos von Menschen, die das schöne Wetter genießen. Ob beim Wandern, Sonnenbaden oder Sport treiben – die Botschaft ist klar: Wer das Wetter nicht genießt, verpasst etwas. Dieses als „Fear of Missing Out“ bekannte Phänomen verstärkt das Gefühl der Sunshine Guilt. Die ständige Konfrontation mit Bildern und Videos von Freunden, die ein „perfektes Leben“ im Freien führen, kann dazu führen, dass man sich unproduktiv oder faul fühlt, wenn man selbst andere Prioritäten setzt.

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Auswirkungen der Schuldgefühle

Die Auswirkungen von Sunshine Guilt sind sowohl auf psychischer als auch auf physischer Ebene spürbar. Auf der geistigen Ebene kann das ständige Gefühl, nicht genug aus einem sonnigen Tag herauszuholen, zu Stress, Angst und Unzufriedenheit führen. Der innere Druck, draußen sein zu müssen, obwohl man lieber drinnen bleiben würde, erzeugt ein Spannungsfeld zwischen den eigenen Bedürfnissen und den wahrgenommenen Erwartungen der Gesellschaft. Das kann besonders belastend sein, wenn man das Gefühl hat, gegen die gesellschaftliche Norm zu verstoßen, die sonnige Tage als „wertvoll“ und Zeit im Haus als „verschwendet“ ansieht. Diese inneren Konflikte können sich auch körperlich auswirken. Wer sich ständig verpflichtet fühlt, bei Sonnenschein draußen zu sein, obwohl er vielleicht müde ist oder andere Prioritäten hat, setzt Körper und Geist unnötigem Stress aus. Dieser Stress kann zu Schlafstörungen und körperlicher Erschöpfung führen, da die Bedürfnisse des eigenen körpers ignoriert werden.

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Was kannst du dagegen tun?

Um Sunshine Guilt zu überwinden, ist es wichtig, sich von gesellschaftlichen Erwartungen und dem Vergleich mit anderen zu lösen. Achtsamkeit und Selbstmitgefühl spielen dabei eine zentrale Rolle. Indem man bewusst wahrnimmt, was einem gerade gut tut – ob draußen oder drinnen – und diese Entscheidung ohne Selbstverurteilung trifft, kann das schlechte Gewissen entlastet werden. Kleine, bewusste Momente im Freien, wie ein kurzer Spaziergang, können helfen, den Druck, den Tag draußen verbringen zu müssen, zu reduzieren. Es hilft auch, soziale Medien und das Handy wegzulegen, um den Vergleichsdruck zu verringern. Wenn du aufgrund von Arbeit oder anderen Verpflichtungen nicht nach draußen gehen kannst, kann es hilfreich sein, zukünftige Outdoor-Aktivitäten für den nächsten freien Tag oder das Wochenende zu planen, um die Schuldgefühle zu verringern. Das wird nicht nur einige deiner aktuellen Ängste lindern, indem du etwas hast, worauf du dich freuen kannst, sondern es wird dich auch daran erinnern, dass ein weiterer schöner Sommertag bevorsteht.

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