Social Egg Freezing: Kinderwunsch auf Pause mit Hürden

Wieso ist Social Egg Freezing in Österreich illegal?

Kinderwunsch auf Pause

Viele Frauen stehen heute vor der Herausforderung, Karriere und Familienwunsch zu vereinen. Während frühere Generationen oft früher eine Familie gründeten, entscheiden sich Frauen heute bewusster und später dafür, diesen Schritt zu gehen. Besonders Akademiker:innen warten häufig bis Mitte 30 oder sogar 40, bevor sie sich für eine Familie entscheiden. Doch die Biologie bleibt unverändert: Die Fruchtbarkeit sinkt ab Mitte 20 deutlich.

Mit zunehmendem Alter wird es daher schwieriger, den Wunsch nach einem Kind zu erfüllen. Was aber, wenn es eine Möglichkeit gäbe, die biologische Uhr für eine Weile auf „Pause“ zu stellen? Eine Art „Schlummertaste“, die es Frauen ermöglicht, ihre Fruchtbarkeit für die Zukunft zu erhalten, während sie sich auf ihre Karriere oder andere Lebensziele konzentrieren.

Diese Möglichkeit bietet Social Egg Freezing, das Einfrieren von Eizellen für eine spätere Schwangerschaft. In Österreich ist diese Methode jedoch nach wie vor gesetzlich verboten – ein Umstand, den viele Frauen als ungerecht empfinden. Während in anderen europäischen Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden eine selbstbestimmte Familienplanung längst möglich ist, stellt sich die Frage: Warum bleibt diese Freiheit in Österreich unerreichbar?

Was genau ist Social Egg Freezing?

Social Egg Freezing bietet Frauen die Möglichkeit, Eizellen einfrieren zu lassen, um sich die Option einer späteren Schwangerschaft offen zu halten. Im Gegensatz zum medizinisch notwendigen Einfrieren, das bei Frauen mit Krankheiten wie Krebs angewandt wird, handelt es sich beim Social Freezing nicht um eine Gesundheitsmaßnahme, sondern um eine persönliche Entscheidung.

Häufig entscheiden sich Frauen freiwillig dafür, weil sie sich in einer Lebensphase befinden, in der ein Kind derzeit nicht in ihre Lebensplanung passt. Die Eizellen werden in einem hochmodernen Verfahren konserviert und können über viele Jahre gelagert werden, um später gegebenenfalls durch künstliche Befruchtung zur Erfüllung des Kinderwunsches eingesetzt zu werden.

Warum Frauen Social Egg Freezing in Anspruch nehmen möchten

Die Gründe, warum Frauen Social Freezing in Erwägung ziehen, sind vielfältig. Viele von ihnen befinden sich in einer Lebensphase, in der sie berufliche und persönliche Ziele verfolgen, die eine Familiengründung derzeit schwierig machen. Social Freezing bietet ihnen die Möglichkeit, die biologische Uhr ein wenig anzuhalten. Studien zeigen, dass häufig das Fehlen eines geeigneten Partners ausschlaggebend ist, aber auch der Wunsch nach beruflicher Selbstverwirklichung eine wichtige Rolle spielt.

Dr. Michael Feichtinger, erfahrener Reproduktionsmediziner und Leiter des Wunschbaby Instituts, sieht im Social Freezing eine wertvolle Option für Frauen, um den Druck von der Familienplanung zu nehmen: „Viele Frauen wünschen sich die Möglichkeit, ihre Familienplanung unabhängig von ihrem aktuellen Beziehungsstatus oder ihrer beruflichen Situation zu gestalten. Social Egg Freezing bietet ihnen die Chance, ihre biologischen Möglichkeiten zu erweitern und den Druck, vor einem bestimmten Alter eine Familie zu gründen, zu mindern.“

Frauen könnten ihre Karriere aufbauen und sich gleichzeitig die Option offen halten, später eine Familie zu gründen – ein Wunsch, der in modernen Lebensentwürfen eine wichtige Rolle spielt. Social Freezing würde es Frauen somit ermöglichen, flexibel auf die Anforderungen ihres Lebens zu reagieren, ohne auf die Möglichkeit einer Familiengründung verzichten zu müssen.

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Ein Streitpunkt: Warum ist Social Egg Freezing in Österreich illegal?

Während andere europäische Länder diese Möglichkeit längst anbieten, müssen sich Frauen in Österreich mit veralteten Restriktionen abfinden, die ihnen die Entscheidung über ihre eigene Zukunft erschweren. Social Egg Freezing ist aus reinen Gründen der Familienplanung nämlich in Österreich verboten. Einer Umfrage zufolge, geben 75 % der Frauen an, sich dadurch jedoch benachteiligt zu fühlen.

Das Verbot hat vor allem politische Gründe. „Es war eine politische Entscheidung im Zuge der Erstellung des neuen Fortpflanzungsmedizingesetzes 2015. Zur gleichen Zeit haben in den USA große Unternehmen wie Google ihren Mitarbeiterinnen das Einfrieren von Eizellen bezahlt und die Angst war groß, dass Frauen unter Druck gesetzt werden könnten“, so Dr. Feichtinger. Die Sorge der damaligen Entscheidungsträger war, dass Frauen unter Druck gesetzt werden könnten, ihre Eizellen einfrieren zu lassen, um ihre berufliche Flexibilität zu erhöhen.

Inzwischen hat sich die Einstellung geändert. Wie Dr. Feichtinger betont, hat sich gezeigt, dass diese Befürchtungen unbegründet waren und Frauen die Methode freiwillig und ohne äußeren Zwang in Anspruch nehmen. Social Freezing ist heute in den meisten europäischen Ländern etabliert, Österreich stellt mit seiner restriktiven Haltung eine Ausnahme dar. Die Ablehnung von Social Freezing wird zunehmend kritisiert, da das Verbot Frauen in ihrer Lebensplanung massiv einschränkt.

Risiken und Herausforderungen des Social Egg Freezing

So praktisch die Möglichkeit des Social Egg Freezing auch erscheinen mag, sie bringt auch Herausforderungen mit sich, sowohl physischer als auch finanzieller Art. Zum einen ist das Verfahren kostspielig und erfordert eine sorgfältige Abwägung.

Die hormonelle Stimulation, die notwendig ist, um eine ausreichende Anzahl von Eizellen zu gewinnen, ist ein körperlicher Eingriff, der oft mehrere Behandlungszyklen erfordert. Die Patientinnen müssen über die Risiken und möglichen Nebenwirkungen der Hormonbehandlung, die auch bei der künstlichen Befruchtung eingesetzt wird, aufgeklärt werden.

Der Reproduktionsmediziner betont, dass die gesundheitlichen Risiken gering sind, da das Verfahren millionenfach erprobt ist und seit Jahrzehnten weltweit von Frauen angewendet wird. Dennoch sei es wichtig, dass Frauen realistische Erwartungen entwickeln: Auch wenn viele Eizellen gewonnen werden, ist eine spätere Schwangerschaft nicht garantiert. Die Entscheidung, Eizellen einfrieren zu lassen, sollte gut überlegt sein.

Wichtige Aspekte sind unter anderem das Alter bei der Entnahme – je jünger die Frau, desto höher die Erfolgschancen -, die Anzahl der notwendigen Behandlungszyklen und die maximale Lagerungsdauer. Wichtig zu wissen ist, dass auch eine größere Anzahl eingefrorener Eizellen keine Garantie für eine spätere Schwangerschaft ist.

Der medizinische Fortschritt hat die Chancen zwar verbessert, aber Erfolg und Misserfolg hängen von individuellen Faktoren wie Alter und Gesundheit ab. Social Freezing ist eine wertvolle Option – aber eine, die mit Bedacht und voller Transparenz über alle Möglichkeiten und Grenzen genutzt werden sollte.

Der gesellschaftliche Nutzen von Social Freezing

Die Möglichkeit des Social Freezing könnte nicht nur die individuelle Lebensplanung vieler Frauen verbessern, sondern auch positive Auswirkungen auf die Gesellschaft als Ganzes haben. Durch Social Freezing hätten Frauen die Freiheit, in ihrem eigenen Tempo den passenden Partner zu finden, was langfristig stabilere Familienstrukturen fördern könnte.

Gerade in einer Gesellschaft, in der sich die Arbeitswelt ständig verändert und hohe Anforderungen an Flexibilität und Verfügbarkeit stellt, könnte Social Freezing eine Brücke zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf schlagen. Dr. Feichtinger sieht hier einen klaren Vorteil: „Wir könnten mehr Frauen in Führungspositionen haben welche sich trotzdem auch ihren Kinderwunsch erfüllen können. Momentan ist dies für die meisten Frauen leider weiterhin eine Entweder-Oder-Entscheidung.“

Frauen könnten Führungspositionen einnehmen, ohne ihren Kinderwunsch zurückstellen zu müssen – ein Gewinn sowohl für die Frauen selbst als auch für die Gesellschaft, die von einer ausgewogeneren Vertretung der Geschlechter in verantwortlichen Positionen profitieren würde.

Österreich im Rückstand

Während Österreich in einigen Bereichen der Reproduktionsmedizin Fortschritte gemacht hat – etwa durch den IVF-Fonds, der Paaren eine finanzielle Unterstützung bei der künstlichen Befruchtung bietet – sind alleinstehende Frauen nach wie vor benachteiligt.

„Österreich hat seit bald 25 Jahren den IVF-Fonds welche es einer Vielzahl von Paaren ermöglicht sich ihren Kinderwunsch mithilfe einer staatlichen Förderung zu erfüllen. Leider sind aber gerade Frauen welche keinen Partner/Partnerin haben hiervon ausgeschlossen. Sie können und dürfen sich weder als alleinstehende Frauen ihren Kinderwunsch erfüllen, oder sich für später mit dem Social Freezing absichern.“, betont der Experte.

Der Fonds steht nur Paaren zur Verfügung und schließt Frauen ohne Partner systematisch aus. Im europäischen Vergleich hinkt Österreich damit deutlich hinterher, denn viele unserer Nachbarländer bieten Frauen unabhängig von ihrem Beziehungsstatus Zugang zu modernen reproduktionsmedizinischen Optionen.

In den Niederlanden, Belgien und Großbritannien beispielsweise steht Social Freezing allen Frauen offen. Diese Länder haben erkannt, dass moderne Familienmodelle und persönliche Lebensentwürfe ein neues Maß an Flexibilität erfordern. Hierzulande bleibt damit hinter dem europäischen Standard zurück und verwehrt Frauen eine Möglichkeit, die anderswo bereits selbstverständlich ist.

Rechtliche Reformen für eine gerechte Zukunft

Um Frauen echte Wahlfreiheit zu ermöglichen, sind politische Anpassungen unabdingbar. Dr. Feichtinger fordert, dass es Frauen in Österreich wie auch in anderen Ländern ermöglicht werden sollte, Familie und Beruf besser zu vereinen.

„Dazu gehören nicht nur ausreichend Kinderbetreuungsplätze und flexible Arbeitsmodelle, sondern auch die Option, die eigene Fruchtbarkeit durch Social Freezing zu sichern,“ sagt er. Die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte erfordern eine Modernisierung der Familienpolitik, um auch den veränderten Bedürfnissen gerecht zu werden.

Aufklärung als Schlüssel für informierte Entscheidungen

Neben rechtlichen Anpassungen ist eine verstärkte Aufklärung über die Möglichkeiten und Grenzen der Reproduktionsmedizin unerlässlich. Dr. Feichtinger verweist in diesem Zusammenhang auf die Rolle der Schulen: „Der Fokus in den Schulen liegt verständlicherweise auf der Empfängnisverhütung. Jugendliche werden intensiv über die Gefahr einer ungewollten Schwangerschaft aufgeklärt. Das führt jedoch dazu, dass das Thema Fruchtbarkeit späteren Jahren oft übersehen wird.“

Dass die Fruchtbarkeit mit den Jahren abnimmt und auch die medizinischen Möglichkeiten ihre Grenzen haben, erfahren junge Frauen kaum. Dr. Feichtinger betont, dass die Aufklärung zum Thema Fruchtbarkeit verstärkt werden muss, um unrealistische Erwartungen zu vermeiden. Nur durch umfassende Information können Frauen informierte Entscheidungen für ihre Zukunft treffen, die ihre Wünsche und Pläne berücksichtigen.

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Ein Appell für mehr Gleichberechtigung

Der Ruf nach Reformen im Bereich der Reproduktionsmedizin ist laut und dringlich. Eine Gesetzesanpassung, die Social Freezing ermöglicht und damit den modernen Lebensrealitäten von Frauen gerecht wird, könnte ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung sein. Nur wenn Frauen die Möglichkeit haben, ihre Familienplanung frei und ohne Zeitdruck zu gestalten, kann Österreich in diesem Bereich echte Chancengleichheit erreichen.

Dr. Feichtinger und andere Expert:innen hoffen, dass sich Österreich den positiven Beispielen anderer Länder anschließt und den Frauen die Wahl lässt – für mehr Freiheit, Selbstbestimmung und eine gerechtere Zukunft.

Dr. Michael Feichtinger, erfahrener Reproduktionsmediziner und Leiter des Wunschbaby Instituts
Dr. Michael Feichtinger, Reproduktionsmediziner und Leiter des Wunschbaby Instituts

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