Schlafforscher verrät: Deshalb schläft Österreich schlecht

So schläft Österreich: Neue Studie zeigt Defizite

Eine aktuelle Studie im Auftrag des Möbelriesen IKEA hat das Schlafverhalten der Österreicher:innen untersucht und offenbart teils auch überraschende Ergebnisse. Die Umfrage, an der tausende Menschen aus verschiedenen Altersgruppen teilnahmen, zeigt, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung mit ihrer Schlafqualität unzufrieden ist. Vor allem äußere Faktoren wie hohe Temperaturen und innere Unruhe beeinträchtigen den Schlaf vieler Österreicher. Diese Erkenntnisse werfen ein Schlaglicht auf ein weit verbreitetes, jedoch oft unterschätztes Problem, das die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen stark beeinflussen kann.

Dr. Manuel Schabus, Psychologe und Schlafforscher an der Universität Salzburg, merkt in unserem Interview jedoch an: „Viele Menschen glauben, dass sie wegen der Tropennächte deutlich schlechter schlafen, doch statistisch gesehen ist dieser Effekt geringer, als man vermuten würde. Vielmehr liegt es oft an der verstärkten Fokussierung auf die Hitze, die den Schlaf subjektiv beeinträchtigt. Tatsächlich spielt das weit verbreitete Verhalten, das Handy bis kurz vor dem Einschlafen zu nutzen, eine viel größere Rolle bei der Verschlechterung der Schlafqualität.“

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Männer und Frauen kämpfen mit unterschiedlichen Problemen

Die Ergebnisse der Umfrage verdeutlichen, dass die Schlafqualität vieler Menschen in Österreich stark beeinträchtigt ist. Mehr als ein Fünftel der Befragten (20,6 Prozent) gibt an, schlecht bis sehr schlecht zu schlafen. Dabei zeigen sich geschlechtsspezifische Unterschiede: Während Männer vor allem durch zu hohe Temperaturen (60,1 Prozent) gestört werden, leiden Frauen häufiger unter Sorgen und Grübeleien (53,0 Prozent). Zudem wird der Schlaf vieler Frauen durch das Schnarchen anderer Personen (36,4 Prozent) negativ beeinflusst. Diese Unterschiede machen deutlich, dass Schlafprobleme individuell sehr unterschiedlich ausfallen können und spezifische Lösungsansätze erfordern.

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Intimität und Schlaf: Was im Schlafzimmer wirklich passiert

Neben dem Schlaf ist Intimität die zweitbeliebteste Aktivität der Österreicher:innen im Schlafzimmer. Dieses Nähebedürfnis zeigt, dass das Schlafzimmer nicht nur ein Ort der Ruhe, sondern auch der zwischenmenschlichen Verbundenheit ist. Auf Platz drei rangieren das Lesen und die Beschäftigung mit dem Smartphone. Letzteres ist zwar weit verbreitet, kann jedoch die Schlafqualität erheblich beeinträchtigen, da das blaue Licht der Bildschirme den Schlaf-Wach-Rhythmus stören kann.

Schabus empfiehlt: „Man sollte die letzten 20 Minuten irgendwas Beruhigendes machen, also man kann sich ein Hörspiel anhören oder etwas, was einen weniger aufregt. Fast schon etwas, das einen nicht so brennend interessiert, wobei man eben einschläft. Wichtig ist auch, nicht mehr aktiv zu sein – also keine E-Mails zu checken, Nachrichten zu beantworten und schon gar nicht auf Social Media Plattformen unterwegs zu sein. Das erregt, stimuliert und sorgt dafür, dass man schlechter einschläft.“

Sport und Schlaf: Wie Bewegung den Schlaf beeinflusst

Auch sportliche Aktivitäten am Abend spielen eine wichtige Rolle für die Schlafqualität. Schlafforscher Prof. Schabus betont: „Sport am Abend ist grundsätzlich sehr förderlich, da man nach körperlicher Betätigung erschöpfter ins Bett geht und schneller einschläft.“ Allerdings gibt es dabei eine wichtige Einschränkung: „Eine neue Studie zeigt, dass körperliche Aktivität idealerweise mindestens drei Stunden vor dem Schlafengehen beendet sein sollte. Wird diese Regel nicht eingehalten, kann das Herz weiterhin auf hohem Niveau arbeiten, was es dem Körper erschwert, in den Erholungsmodus zu schalten. Daher lautet die Empfehlung, ein Drei-Stunden-Fenster vor dem Zubettgehen einzuhalten, um die volle regenerative Wirkung des Schlafs zu nutzen.“ Diese Erkenntnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, nicht nur den Sport selbst, sondern auch dessen Timing in den Tagesablauf zu integrieren. Wer regelmäßig am Abend Sport treibt, sollte darauf achten, diese Aktivitäten also rechtzeitig abzuschließen, um dem Körper genügend Zeit zur Erholung zu geben und so die Schlafqualität nicht zu gefährden.

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Schlafforscher über die Einnahme von Melatonin

Eine weitere Herausforderung stellt der Einsatz von Melatonin dar. Dazu äußert sich Prof. Schabus kritisch: „Melatonin ist auch so ein Thema. Die Menschen glauben vielleicht, dass es nicht so schlimm ist und geben es womöglich nicht in Studien an. Wir raten jedoch eher dazu, die Schlafgewohnheiten zu verbessern und nicht auf Substanzen zurückzugreifen. Es ist schon etwas, was natürlich langfristig den Rhythmus beeinflusst. Dieser sollte eigentlich so natürlich wie möglich bleiben, außer man hat nachgewiesenermaßen einen niedrigen Melatoninspiegel.“ Er fügt hinzu: „Das Gute ist, man kann die Melatonintabletten, die man in Drogeriemärkten bekommt, wegen der geringen Dosis direkt stoppen. Also die muss man jetzt nicht ausschleichen lassen.“

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Herausforderungen der Zukunft: Tropennächte und Generationenunterschiede

Ein weiteres bedeutendes Problem für die Schlafqualität in Österreich sind die sogenannten Tropennächte, in denen die Temperaturen selbst nachts nicht unter 20 Grad fallen. Fast 70 Prozent der Österreicher:innen berichten, dass sie bei hohen Temperaturen schlechter schlafen. Diese Entwicklung könnte durch den Klimawandel weiter verschärft werden.

Interessant ist auch der Blick auf die unterschiedlichen Schlafgewohnheiten der Generationen: Fast 81 Prozent der Babyboomer machen täglich ihr Bett, während es bei der Generation Z nur 41,3 Prozent sind. Diese Unterschiede könnten auf eine veränderte Einstellung zu Ordnung und Schlafritualen hinweisen. Ein weiterer Faktor ist, dass junge Menschen oft länger am Smartphone bleiben und vor allem aktive Plattformen wie TikTok und Instagram nutzen, die das Einschlafen zusätzlich erschweren. Seit der Pandemie ist insbesondere bei der Generation Z ein deutlicher Anstieg an Berichten über Schlafmangel zu beobachten.

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Schlafforscher über Schlaflage und Hygiene

Interessanterweise zeigt die Studie auch, dass die überwiegende Mehrheit der Österreicher:innen (62,9 Prozent) die Seitenlage als bevorzugte Schlafposition angibt. Diese Position gilt als vorteilhaft, da sie die Wirbelsäule entlastet und das Risiko von Rückenproblemen reduziert. Dazu meint Schabus: „Die Seitenlage hat mich wenig überrascht, da die meisten so in der Einschlafphase sind. Jedoch betten wir uns 20-30 Mal in der Nacht um, das heißt, wir wissen nicht, wie wir wirklich schlafen.“ Auch die Hygiene spielt für viele eine wichtige Rolle: Knapp zwei Drittel (65,9 Prozent) wechseln mindestens alle zwei Wochen ihre Bettwäsche. Diese bewusste Pflege des Schlafumfeldes unterstreicht, wie wichtig den Menschen in Österreich ein sauberes und angenehmes Schlafklima ist.

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Fazit: Der Schlaf in Österreich braucht mehr Aufmerksamkeit

Die Studie macht deutlich, dass viele Österreicher:innen mit ihrer Schlafqualität unzufrieden sind. Unterschiedliche Faktoren wie hohe Temperaturen, Sorgen, Schnarchen und moderne Verhaltensweisen tragen dazu bei, dass der Schlaf vieler Menschen gestört wird. Um die Gesundheit und das Wohlbefinden zu fördern, ist es wichtig, den Schlaf als entscheidenden Faktor für ein gutes Leben zu erkennen und entsprechend zu handeln. Maßnahmen zur Verbesserung der Schlafqualität könnten nicht nur das individuelle Wohlbefinden steigern, sondern auch langfristig die allgemeine Gesundheit der Bevölkerung positiv beeinflussen.

IKEA Studienpräsentation „So schläft Österreich“, am 4.09.2024 IKEA Wien Westbahnhof:

© NIKLAS STADLER | www.niklasstadler.at
Von links nach rechts: Catharina Fendt (Communications Managerin, IKEA Österreich), Alpaslan Deliloglu (CEO & CSO, IKEA Österreich), Thomas Schwabl (Gründer und Geschäftsführer, marketagent), Sabrina Margotti (Studienleitung, marketagent), Univ.-Prof. Dr. Manuel Schabus (Psychologe und Schlafforscher, Universität Salzburg), Jan Janko (Country Selling Manager, IKEA Österreich)

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