Pollenallergie – Sind die Gene schuld?
Viele von uns sehnen sich schon jetzt nach den ersten warmen Sonnenstrahlen und der Farbenpracht, die die ersten blühenden Bäume mit sich bringen. Doch für etwa 450.000 Menschen in Österreich und Millionen weitere in Europa bedeutet diese Zeit alles andere als Freude. Für sie beginnt eine schwierige Saison – die Zeit der Birkenpollenallergie.
Die Symptome sind für viele kaum auszuhalten: laufende Nasen, ständiges Niesen, juckende Augen und Atemnot. Aber was, wenn diese quälenden Beschwerden mehr sind als nur eine temporäre Belastung? Was, wenn die Ursache für den Allergie-Kampf tief in unserem Körper verborgen liegt – in unseren Genen?
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Der große Gen-Check: Was passiert im Körper der Allergiker?
Eine vor kurzem veröffentlichte Studie sorgt für Aufsehen in der Welt der Medizin. Forschende der Karl Landsteiner Privatuniversität (KL Krems) und der Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien) haben herausgefunden, dass Pollenallergien viel mehr mit unseren Genen zu tun haben, als bislang bekannt war. Sie haben untersucht, wie unsere Gene auf die Pollen reagieren und welche Prozesse im Körper ablaufen, wenn Allergiker:innen mit Birkenpollen in Kontakt kommen.
Die Ergebnisse sind verblüffend: Allergiker:innen haben eine viel stärkere Reaktion in ihrer Nasenschleimhaut, wenn sie den Pollen ausgesetzt sind. Mehr als 160 Gene werden aktiv, um auf die Pollen zu reagieren. Bei Menschen ohne Allergie sind es nur 44 Gene. Das zeigt, dass es nicht nur die Pollen sind, die für die Beschwerden verantwortlich sind, sondern auch, wie unser Körper darauf reagiert – und diese Reaktion ist genetisch bedingt.
Warum einige Menschen stärker reagieren als andere
Was steckt also hinter dieser intensiven Reaktion der Allergiker:innen? Die Antwort liegt in den sogenannten Immunwegen – das sind Prozesse, bei denen unser Immunsystem auf vermeintliche Bedrohungen reagiert. Bei Allergiker:innen wird das Immunsystem bei einer Pollenexposition überaktiv, als ob es eine ernsthafte Gefahr abwehren müsste. Es gibt sogar eine Vielzahl von Molekülen, die bei Allergikern in höheren Konzentrationen nachweisbar sind und eine Entzündungsreaktion anstoßen.
Diese Entzündungsprozesse sind es, die die bekannten Symptome wie laufende Nase, Juckreiz und Atemnot verursachen. Es wird deutlich, dass die allergische Reaktion im Körper viel komplexer ist, als nur das Einatmen von Pollen. Unsere Gene spielen eine entscheidende Rolle dabei, wie unser Körper auf diese scheinbar harmlosen Partikel reagiert.
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Ein neuer Blick auf die Behandlung: Personalisierte Therapien in Aussicht
Die Erkenntnisse aus dieser Studie könnten die Behandlung von Birkenpollenallergien revolutionieren. Bislang beruhen die meisten Therapien auf der Linderung der Symptome – durch Antihistaminika, Nasensprays oder sogar eine Immuntherapie, bei der man den Körper schrittweise an die Pollen gewöhnt. Diese Behandlungsmethoden helfen zwar vielen, aber sie gehen nicht an die Ursache der Allergie.
Was, wenn wir in Zukunft nicht mehr nur die Symptome behandeln, sondern die Gene selbst ins Visier nehmen könnten? Mit den neuen Erkenntnissen aus der Forschung könnten Therapien entwickelt werden, die individuell auf die genetische Veranlagung eines jeden Allergikers abgestimmt sind.
Das bedeutet, dass nicht mehr jeder Patient und Patientin die gleiche Behandlung bekommt, sondern maßgeschneiderte Lösungen, die genau auf seine spezifische Genaktivität und Immunreaktion abgestimmt sind. Das könnte nicht nur die Wirksamkeit der Therapie erhöhen, sondern auch Nebenwirkungen verringern, weil unnötige Medikamente nicht mehr eingenommen werden müssten.
Eine starke Nasenschleimhaut als natürlicher Schutz
Ein weiterer spannender Teil der Studie betrifft die Frage, warum manche Menschen gar nicht auf Pollen reagieren, obwohl sie die gleichen Umweltfaktoren wie Allergiker:innen ausgesetzt sind. Die Antwort könnte in der Nasenschleimhaut liegen. Bei Nicht-Allergiker:innen zeigt sich, dass ihre Nasenschleimhaut eine deutlich stärkere Barrierefunktion hat, die sie vor den Pollen schützt. Diese Barriere könnte verhindern, dass die Pollen tief in den Körper eindringen und die allergische Reaktion auslösen.
Die Forscher:innen haben herausgefunden, dass die Nasenschleimhaut von Nicht-Allergiker:innen Proteine produziert, die die Stabilität der Schleimhaut fördern und als natürliche Schutzmauer gegen Pollen wirken. Wenn es möglich wird, diese Barriere auch bei Allergiker:innen zu stärken, könnte dies helfen, die Reaktion des Körpers zu verhindern.
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Der Weg zu einer allergiefreien Zukunft?
Während der Winter uns noch fest im Griff hat, hat die Forschung bereits einen wichtigen Schritt gemacht, der uns dem Ziel einer allergiefreien Zukunft näher bringt. Auch wenn wir noch am Anfang stehen, was die Umsetzung dieser neuen Erkenntnisse betrifft, könnte des der Auftakt zu einer revolutionären Ära in der Allergiebehandlung sein. Wenn es gelingt, die genetischen Grundlagen besser zu verstehen und personalisierte Therapien zu entwickeln, könnte der Frühling für Millionen von Allergikern schon bald deutlich erträglicher werden.
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