Zahlreiche Nebenwirkungen
Frauen, die regelmäßig Sport treiben, machen sich häufig Gedanken über den Einfluss von Ernährung, Trainingsplan und Nahrungsergänzungsmitteln auf ihre Leistungsfähigkeit. Wenig diskutiert wird hingegen der mögliche Einfluss hormoneller Verhütungsmittel. Laut dem Verhütungsreport ist die Antibabypille mit 34% das am häufigsten verwendete hormonelle Verhütungsmittel in Österreich. Dennoch ist ihre Beliebtheit in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gesunken. Das könnte auf zahlreiche Nebenwirkungen zurückzuführen sein, wie Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen, verminderter sexueller Lust, Gewichtszunahme und einem erhöhten Thromboserisiko sowie der umfangreicheren Aufklärung. Eine weitere befürchtete Nebenwirkung der Pille ist eine mögliche Beeinträchtigung der sportlichen Leistungsfähigkeit. Es wird spekuliert, dass sich die zugeführten Hormone negativ auf die Fitness der Frauen auswirken könnten. Doch was sagt die Wissenschaft?
Weibliche Hormone im Spiel
Die Antibabypille besteht in der Regel aus zwei Haupttypen von Hormonen: Östrogen und Gestagen. Das am häufigsten verwendete Östrogen ist Ethinylestradiol, ein synthetisches Hormon, das die Gebärmutterschleimhaut stabilisiert und den Eisprung hemmt. Gestagen, ebenfalls ein synthetisches Hormon, das dem Progesteron ähnelt, gibt es in verschiedenen Formen wie Levonorgestrel, Drospirenon und Norethisteron. Es verdickt den Zervixschleim, erschwert so den Spermien den Zugang zur Gebärmutter und verändert die Gebärmutterschleimhaut so, dass die Einnistung einer befruchteten Eizelle verhindert wird. Darüber hinaus gibt es Minipillen, die nur Gestagen und kein Östrogen enthalten und damit für Frauen geeignet sind, die aus gesundheitlichen Gründen auf Östrogen verzichten müssen.
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Weniger Testosteron
Frauen benötigen Testosteron, da es bei vielen physiologischen Prozessen eine entscheidende Rolle spielt. Es trägt zur Libido bei, unterstützt die Knochendichte, hilft beim Erhalt von Muskelmasse , beeinflusst die Stimmung und das allgemeine Wohlbefinden sowie die kognitive Funktion. Außerdem kann es eine schützende Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System haben. Einige Pillen enthalten Gestagene, die die Wirkung männlicher Sexualhormone wie Testosteron blockieren können. Das hat Auswirkungen auf die sportliche Leistungsfähigkeit. Denn Testosteron fördert im Allgemeinen den Muskelaufbau und kommt auch im Körper von Frauen vor, allerdings in geringerer Menge als bei Männern. Wenn diese männlichen Hormone durch Gestagene blockiert werden, könnte sich dies negativ auf die Muskelkraft von Frauen auswirken.
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Schneller außer Atem
Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2022 hat gezeigt, dass Frauen, die die Pille nehmen, möglicherweise einen leichten Nachteil beim Ausdauersport haben. Bei regelmäßigem Training scheinen Frauen, die hormonell verhüten, etwas weniger Kondition und Belastbarkeit zu entwickeln als Frauen, die nicht hormonell verhüten. Insbesondere während des Trainings könnten Frauen, die die Pille einnehmen, weniger Sauerstoff aufnehmen und schneller außer Atem geraten. Die Relevanz dieses vermutlich geringen Effekts könnte für Spitzensportlerinnen von Bedeutung sein, während er für Freizeitsportlerinnen eher weniger wichtig ist.
Höheres Verletzungsrisiko
Eine Studie aus dem Jahr 2021 zeigt, dass Frauen, die hormonelle Verhütungsmittel einnehmen, häufiger Anzeichen von Muskelkater und Muskelschäden aufweisen als Frauen mit natürlichem Zyklus, insbesondere nach Übungen wie Kniebeugen oder Bergablaufen. Eine andere Studie fand bei diesen Frauen auch höhere Entzündungsmarker wie das C-reaktive Protein, was die Anpassung an das Training und die Erholung beeinträchtigen könnte. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass hormonelle Kontrazeptiva die maximale Knochenmasse bei jungen Sportlerinnen verringern und die Anpassung der Knochen an Krafttraining negativ beeinflussen könnten.
Verlust des natürlichen Zyklus
In der Welt des Sports gewinnt der Menstruationszyklus zunehmend an Bedeutung, da er Einblicke in die Gesundheit und die Hormone bietet. Viele Sportlerinnen passen ihr Training den verschiedenen Phasen des Zyklus an, um die natürlichen Schwankungen optimal auszunutzen und so ihre Leistung zu steigern. Für manche ist der Zyklus sogar der Schlüssel zu Gesundheit und sportlichem Erfolg. Einige hormonelle Verhütungsmittel wie die Antibabypille ahmen den natürlichen Zyklus nach. Bei den meisten Frauen führt dies während der Placebo-Phase der Pilleneinnahme zu Blutungen. Diese Blutung wird oft fälschlicherweise mit der Menstruation gleichgesetzt, ist aber eine „Entzugsblutung“, die durch das Fehlen der Hormone in der Placebo-Phase verursacht wird. Sie ist daher kein zuverlässiger Indikator für die hormonelle Gesundheit und kann Zyklusstörungen verschleiern.
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Motivationsverlust durch hormonelle Schwankungen
Die Antibabypille kann die Motivation zum Training beeinflussen. Sie verändert den Hormonspiegel im Körper, einige Frauen berichten von erhöhter Müdigkeit oder verminderter Energie als Nebenwirkung der Pille. Hormone beeinflussen die Stimmung und das allgemeine Wohlbefinden. Manche Frauen erleben auch Stimmungsschwankungen oder Depressionen als Nebenwirkung der Pille, was die Motivation und den Wunsch nach körperlicher Aktivität verringern kann. Um die Motivation wiederzufinden und die psychische Gesundheit nachhaltig zu verbessern, sollte man abwägen, was einem persönlich wichtiger ist. Möglicherweise ist es besser, auf Alternativen wie das Kondom oder die NFP (natürliche Familienplanung) zurückzugreifen.
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