Wer kennt es als (Hobby)-Sportler:in nicht: Man hat gerade noch einen Muskelkater von der letzten Einheit, da hat man schon ein neues Workout geplant. Im besten Fall sogar noch mit dem Gym-Buddy ausgemacht oder einen Kurs gebucht, was man also nicht so leicht absagen kann. Doch wie gefährlich ist es eigentlich, über den Muskelkater zu trainieren?
Was ist eigentlich ein Muskelkater?
Fast jeder, der schon einmal ein intensives Workout gemacht hat, kennt ihn: den Muskelkater. Dieses unangenehme Ziehen in den Muskeln tritt typischerweise 12 bis 24 Stunden nach ungewohnten oder besonders anstrengenden Übungen auf und erreicht seinen Höhepunkt oft nach etwa 24 bis 72 Stunden.
Verantwortlich dafür sind mikroskopisch kleine Risse in den Muskelfasern, die durch exzentrische Bewegungen – also Bewegungen, bei denen der Muskel unter Spannung verlängert wird – entstehen. Diese Mikroverletzungen führen zu Entzündungsreaktionen und Schwellungen, die den Schmerz verursachen.
Eine Studie aus dem Jahr 2020 deutet jedoch darauf hin, dass Muskelkater nach dem Training eher durch Nervenkompression in den Muskeln als durch Gewebeschäden entsteht. Allerdings gibt es bisher nur wenig Belege für diese Theorie, und weitere Untersuchungen sind nötig.
Zu den Sportrichtungen, die am häufigsten Muskelkater (DOMS) verursachen, gehören:
- Krafttraining
- Joggen
- Bergablaufen
- Step-Aerobic
- Sprungübungen
Weitertrainieren trotz Muskelkater: Sinnvoll oder riskant?
Die Entscheidung, ob man trotz Muskelkater weiter trainieren sollte, hängt von der Intensität der Beschwerden ab. Ein leichtes Ziehen ist meist unbedenklich und kann durch moderates Training oder aktive Erholung sogar schneller abklingen.
Bei starkem Muskelkater mit deutlichen Bewegungseinschränkungen ist jedoch Vorsicht geboten. Intensives Training auf bereits geschädigte Muskeln kann das Verletzungsrisiko erhöhen und die Regenerationszeit verlängern. Studien zeigen, dass Übertraining ohne ausreichende Erholung zu ernsthaften Muskelschäden führen kann.
Die Gefahren des “Drübertrainierens”
Starker Muskelkater kann die Beweglichkeit einschränken und zu unsauberer Technik führen – was wiederum andere Muskeln und Gelenke überlasten kann.
Wer trotz Schmerzen weitermacht, verlängert nicht nur die Regenerationszeit, sondern erhöht auch das Risiko für Muskelzerrungen oder Sehnenentzündungen. Im schlimmsten Fall kann es zu Rhabdomyolyse kommen – einer gefährlichen Muskelzerstörung, die in seltenen Fällen lebensbedrohlich ist und sofortige medizinische Hilfe erfordert. Aber keine Sorge, das kommt wirklich sehr selten vor. Warnsignale sind auf jeden Fall bei zu viel Training:
- ständige Erschöpfung
- Schmerzen durch Überlastung
- Leistungsabfall
- Appetitlosigkeit
- geschwächtes Immunsystem
- Schlafprobleme
Regeneration: Das Geheimnis des Muskelaufbaus
Interessanterweise findet der eigentliche Muskelaufbau nicht während des Trainings, sondern in den Erholungsphasen danach statt. In dieser Zeit repariert der Körper die entstandenen Mikrorisse in den Muskelfasern und passt sich an die neuen Belastungen an, was zu einer Zunahme der Muskelmasse führt.
Eine ausreichende Regeneration ist daher für den Trainingserfolg essentiell. Faktoren wie ausreichender Schlaf, eine proteinreiche Ernährung und Maßnahmen wie leichtes Dehnen beziehungsweise Yoga oder Massagen unterstützen diesen Prozess und fördern die Muskelreparatur.
Muskelkater vorbeugen: Geht das überhaupt?
Je mehr sich der Körper an bestimmte Workouts gewöhnt, desto weniger Muskelkater tritt auf. Ganz verhindern lässt sich Muskelkater zwar nicht, aber es gibt einige Strategien, um das Risiko und die Intensität zu minimieren.
Massage
Laut einer Studie aus dem Jahr 2020 können Sportmassagen Muskelkater leicht, aber messbar reduzieren und die Flexibilität verbessern. Eine weitere Untersuchung zeigte, dass Massage die effektivste Methode zur Linderung von Muskelkater und Erschöpfung ist.
Nach dem Training kann eine Massage die Durchblutung der beanspruchten Muskeln fördern und Wassereinlagerungen verhindern.
Aktive Erholung
Leichte Bewegung nach dem Training kann die Durchblutung anregen und den Muskelkater mildern. Studien zeigen jedoch, dass aktive Erholung am besten wirkt, wenn sie direkt nach dem Training gemacht wird. Danach nimmt ihr Effekt auf die Regeneration ab.
Ernährung & Supplements
Die Ernährung spielt eine große Rolle bei der Muskelregeneration. Eine Untersuchung aus 2019 ergab, dass eine langfristige Ernährung mit antioxidativen Lebensmitteln und bestimmten Nahrungsergänzungsmitteln die Muskelschäden durch Training reduzieren kann.
Besonders wirksam sind:
- Schwarze Johannisbeeren-Extrakt
- Sauerkirschsaft
- Wassermelonen- und Rote-Bete-Saft
- Granatapfel
- Ingwer
- Ginseng
Nahrungsergänzungsmittel mit nachgewiesener Wirkung:
- Kreatin
- BCAAs (verzweigtkettige Aminosäuren)
- Protein
- L-Glutamin
- Taurin
- Koffein (in akuter Dosierung)
Fazientraining
Das Nutzen einer Faszienrolle zwischen den Trainingseinheiten kann die Regeneration unterstützen und Muskelkater lindern. Ähnlich wie Massagen verbessert das sogenannte “Foam Rolling” die Durchblutung und reduziert Entzündungen.
Kältebäder
Ein 10-minütiges Kältebad bei 10°C kann laut einer Studie Muskelkater spürbar verringern. Athlet:innen setzen sogar auf Kryotherapie, bei der Temperaturen von bis zu -135°C genutzt werden, um die Regeneration zu beschleunigen.
Doch Achtung: Man sollte auf keinen Fall Kältetherapien direkt vor dem Training machen, da sie kontraproduktiv hinsichtlich dem Muskelaufbau sind. Das bestätigt auch der Molekularbiologe Dr. Slaven Stekovic.
In unserem Interview erklärt der Longevity-Experte, wie man Kryotherapie oder Eisbaden ideal für das Training nutzt:
Höre auf deinen Körper
Muskelkater ist ein ganz natürlicher Teil des Trainingsprozesses und ein Zeichen dafür, dass sich dein Körper an neue Herausforderungen anpasst. Leichtes Training bei mildem Muskelkater kann sogar förderlich sein, aber bei stärkeren Beschwerden solltest du eine Pause einlegen oder auf weniger belastende Aktivitäten ausweichen.
Die richtige Balance zwischen Belastung und Erholung ist entscheidend für langfristige Fortschritte und die Vermeidung von Verletzungen. Letztendlich gilt: Höre auf deinen Körper und gönn ihm die Erholung, die er braucht, um stärker und leistungsfähiger zu werden.