Menstruelle Synchronisation
Ist es reiner Zufall, wenn Freundinnen, Arbeitskolleginnen oder Mitbewohnerinnen zur gleichen Zeit ihre Periode bekommen? Das Phänomen der synchronisierten Menstruation zwischen Frauen, die viel Zeit miteinander verbringen, wird als „menstruelle Synchronisation“ bezeichnet und wurde erstmals vor fast fünfzig Jahren von Martha McClintock erforscht. Ihre These war, dass Frauen, die viel Zeit miteinander verbringen, ihre Menstruation durch verstärkte Kommunikation über Pheromone synchronisieren können. Pheromone sind hormonähnliche Botenstoffe, die aber nicht über das Blut, sondern über die Luft transportiert werden. Eine Studie aus dem Jahr 2023 untersuchte die Menstruationszyklen von Medizinstudentinnen, die in Wohngemeinschaften lebten, und stellte bei 55% der Studentinnen eine Synchronisation fest. Allerdings fehlen der Wissenschaft noch die Beweise, um den Mythos endgültig zu bestätigen oder zu widerlegen.
Wie wirken Pheromone?
Pheromone sind nicht dasselbe wie Hormone, auch wenn ihre Namen ähnlich klingen. Hormone wie Östrogen, Cortisol und Testosteron sind chemische Botenstoffe, die im Körper wirken und Funktionen wie Wachstum, Stimmung und sexuelle Aktivität steuern. Pheromone dagegen wirken außerhalb des Körpers und dienen als Signale für Artgenossen. Tiere nutzen sie, um ihr Revier zu markieren, Beute zu finden, Partner anzulocken oder andere Mitglieder derselben Art zu erkennen. Pheromone werden von Hautdrüsen, vor allem in den Achselhöhlen, abgegeben. Diese chemischen Substanzen sind in der Luft vorhanden, geben aber keinen wahrnehmbaren Geruch ab. Stattdessen werden sie durch das Jacobson’sche Organ in der Nase wahrgenommen. Die Theorie besagt, dass Frauen Pheromone absondern, die dem Hypothalamus im Gehirn anderer Frauen signalisieren, was zu Veränderungen im Menstruationszyklus führt. Das könnte möglicherweise erklären, warum einige Frauen einen nahezu zur gleichen Zeit wie ihre Freundinnen oder Kolleginnen ihre Periode haben.
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Gleichzeitige Periode vielleicht nur Zufall
Experten stehen dieser Theorie kritisch gegenüber, da es wahrscheinlich ist, dass sich zwei Menstruationszyklen früher oder später überlappen und den Eindruck erwecken, sie seien synchronisiert. Der Menstruationszyklus variiert von Frau zu Frau – bei manchen dauert er länger, bei anderen kürzer als die durchschnittlichen 28 Tage. Auch kann der eigene Zyklus einer Frau schwanken und so ebenfalls der Anschein entstehen, dass die Frauen um einen herum gleich menstruieren dabei hat sich lediglich die eigene Periode verschoben. Faktoren wie die Einnahme der Pille, Krankheit oder Stress können selbst bei einem sehr regelmäßigen Zyklus zu Unregelmäßigkeiten führen.
Bedürfnis nach Bindung
McClintocks Theorie passte gut in den Zeitgeist der 1970er Jahre, als die zweite Welle des Feminismus und der Emanzipation ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl unter Frauen förderte. Zu dieser Zeit schien das Konzept der synchronisierten Menstruation bei Frauen gut anzukommen. Obwohl es keine wissenschaftlichen Beweise für diese Theorie gibt, halten viele immer noch an dieser Idee fest. Ein Grund könnte das Bedürfnis nach Bindung sein. Da die Menstruation in der Gesellschaft immer noch ein Tabu ist, empfinden es viele Frauen als positiv, sich während der Menstruation mit anderen Frauen verbunden zu fühlen.
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