Laut Studien: Wie viel von deiner Persönlichkeit ist angeboren?

Warum sind wir alle so unterschiedlich?

Hast du dich schon einmal gefragt, warum du so bist, wie du bist? Warum du Entscheidungen schnell triffst, während andere lange nachdenken? Warum du vielleicht gerne in der Natur wanderst, während andere lieber die Stadt erkunden? Oder warum du und deine Geschwister, obwohl ihr zusammen aufgewachsen seid, so unterschiedliche Persönlichkeiten habt? Es ist faszinierend, darüber nachzudenken, wie viel von uns von Geburt an festgelegt ist und wie viel durch unsere Umgebung und Erlebnisse geprägt wird. Die uralte Debatte: Sind wir durch unsere Gene bestimmt oder durch unsere Erfahrungen geformt? Doch was weiß die Wissenschaft inzwischen? Wie viel von unserer Persönlichkeit ist wirklich angeboren?

Was genau ist Persönlichkeit?

Bevor wir uns mit der Frage beschäftigen, wie viel von unserer Persönlichkeit genetisch bedingt ist, sollten wir klären, was „Persönlichkeit“ eigentlich bedeutet. Kurz gesagt: Sie ist das, was dich einzigartig macht. Sie besteht aus Mustern des Denkens, Fühlens und Verhaltens, die dich von anderen unterscheiden. Und ja, Persönlichkeit ist sehr komplex. Sie umfasst Eigenschaften wie Extraversion (bist du kontaktfreudig oder eher zurückhaltend?), Offenheit für neue Erfahrungen (liebst du Abenteuer oder bleibst du lieber auf bekanntem Terrain?) und Neurotizismus (bist du cool wie eine Gurke oder gerätst du schnell in Stress?). Wissenschaftler:innen haben sich auf fünf Haupteigenschaften geeinigt, die als die „Big Five“ bekannt sind: Extraversion, Neurotizismus, Offenheit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit. Diese Eigenschaften helfen uns zu verstehen, warum wir uns so verhalten, wie wir es tun – und sie sind der Schlüssel zu der Frage, wie viel von uns angeboren ist.

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Gene oder Erziehung

Einer der besten Wege, den Einfluss der Gene auf die Persönlichkeit zu verstehen, ist der Blick auf Zwillingsstudien. Eineiige Zwillinge sind genetisch identisch, während zweieiige Zwillinge wie normale Geschwister nur etwa die Hälfte ihrer Gene gemeinsam haben. Wenn eineiige Zwillinge – auch wenn sie getrennt aufwachsen – ähnliche Persönlichkeitsmerkmale aufweisen, ist das ein ziemlich starker Hinweis darauf, dass die Gene eine Rolle spielen. Und tatsächlich zeigen viele dieser Studien, dass etwa 30 bis 60 Prozent unserer Persönlichkeit vererbt werden. Aber bevor du jetzt denkst, dass dein Schicksal in deinen Genen festgeschrieben ist, lass uns kurz innehalten. Ja, deine Gene sind ein wichtiger Teil des Puzzles, aber sie machen nicht das ganze Bild aus. Was ist denn mit den restlichen 40 bis 70 Prozent? Die kommen von deiner Umgebung, deinen Erfahrungen und, nun ja, vom Leben selbst.

Welche Merkmale sind wirklich angeboren?

Jetzt wird’s spannend: Was genau von deiner Persönlichkeit ist eigentlich genetisch bedingt? In den letzten Jahren haben Forscher:innen bestimmte Genvarianten identifiziert, die mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen zusammenhängen. Zum Beispiel:

  • DRD4-Gen: Möchtest du immer wieder Neues ausprobieren? Dieses Gen wird mit der Suche nach neuen Erfahrungen in Verbindung gebracht.
  • MAOA-Gen: Fühlst du dich in Gesellschaft anderer Menschen eher unwohl? Diese Genvariante wurde mit Introversion in Verbindung gebracht.
  • KATNAL2-Gen: Bist du diszipliniert und überlässt nichts dem Zufall? Diese Genvariante wird mit Gewissenhaftigkeit assoziiert.

Aber – und das ist ein großes ABER – Gene sind nur die Grundlage. Deine DNA legt zwar fest, welche „Bausteine“ du hast, aber wie diese Bausteine verwendet werden, hängt stark von deiner Umwelt ab. Stell dir das wie einen Bauplan für ein Haus vor: Die Gene liefern den Grundriss, aber die Umgebung bestimmt, ob daraus ein schickes Loft oder eine gemütliche Hütte wird.

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Die Rolle der Umwelt

Okay, wir haben also diese genetische Grundlage. Aber warum sind Menschen, die in derselben Familie aufgewachsen sind, manchmal so unterschiedlich? Hier kommt die Umwelt ins Spiel. Kinder, die in einer unsicheren oder stressigen Umgebung aufwachsen – sei es durch Armut, Vernachlässigung oder familiäre Probleme – neigen dazu, impulsiver oder ängstlicher zu sein. Die Wissenschaft hat herausgefunden, dass solche belastenden Umgebungen bestimmte Gene „aktivieren“ können, die normalerweise inaktiv bleiben. Auf der anderen Seite entwickeln Kinder, die in einer stabilen, unterstützenden Umgebung aufwachsen, oft ruhigere und ausgeglichenere Persönlichkeiten. Hier zeigt sich, dass Gene wie ein Lichtschalter funktionieren können – die Umwelt entscheidet, ob sie „angeschaltet“ werden oder nicht.

Aber die wahre Magie liegt in der Kombination von Natur und Erziehung. Wissenschaftler:innen sprechen hier von Gen-Umwelt-Interaktion. Was ist damit gemeint? Ganz einfach: Die Gene haben einen Einfluss, aber die Umwelt bestimmt, wie stark dieser Einfluss ist. Ein Beispiel: Manche Menschen reagieren genetisch bedingt empfindlicher auf ihre Umwelt. In einer positiven Umgebung gedeihen sie, blühen regelrecht auf. In einer negativen Umgebung hingegen leiden sie unter Umständen mehr. Manche Menschen reagieren einfach stärker auf das, was um sie herum passiert.

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Kann man seine Persönlichkeit ändern?

Eine der faszinierendsten Fragen der Persönlichkeitsforschung lautet: Können wir uns bewusst ändern? Die Antwort lautet: Ja, auf jeden Fall! Denn unsere Persönlichkeit ist nicht in Stein gemeißelt. Tatsächlich zeigen mehrere Studien, dass die größten Veränderungen unserer Persönlichkeit oft zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr stattfinden – genau dann, wenn viele von uns große Umbrüche erleben: Studium, Job, Beziehung, Kinder. All diese Ereignisse können unsere Persönlichkeit prägen. Die gute Nachricht ist, dass es auch im Alter noch Raum für Veränderungen gibt. Viele Menschen werden mit der Zeit emotional stabiler, geduldiger und selbstbewusster.

Und wenn du wirklich aktiv an deiner Persönlichkeit arbeiten willst? Dann könnte eine kognitive Verhaltenstherapie (KVT) für dich in Frage kommen. Diese Therapieform hilft dir, schädliche Denk- und Verhaltensmuster zu durchbrechen. Dabei spielt auch die Neuroplastizität eine Rolle, also die Fähigkeit des Gehirns, sich durch neue Erfahrungen zu verändern. Dein Gehirn entwickelt sich also ständig weiter – wenn du ihm die Gelegenheit dazu gibst.

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