Fördert Bewegung dein Immunsystem?
Der November ist da und mit ihm beginnt die Hochsaison für Erkältungen und Grippe. Kältere Temperaturen, weniger Sonnenlicht und der Aufenthalt in beheizten Räumen machen uns anfälliger für Viren und Bakterien. In dieser Zeit ist es besonders wichtig, das Immunsystem zu stärken, um gesund durch den Winter zu kommen. Eine der besten Möglichkeiten, dein Immunsystem zu stärken, ist regelmäßige Bewegung.
Diese tut nicht nur deinem Körper allgemein gut, sondern kann auch deine Abwehrkräfte stärken und das Infektionsrisiko senken. Aber wie funktioniert das genau? Und wie viel Bewegung ist wirklich nötig, um das Immunsystem zu unterstützen, ohne es zu überfordern?
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Immunsystem im Kampf gegen Krankheitserreger
Um zu verstehen, wie du dein Immunsystem stärken kannst, musst du wissen, wie es funktioniert. Dein Immunsystem ist das Abwehrsystem deines Körpers gegen Krankheitserreger wie Viren, Bakterien und Pilze. Es besteht aus einem Netzwerk von Zellen, Geweben und Organen, die zusammenarbeiten, um potenzielle Bedrohungen zu erkennen und zu neutralisieren.
Das Immunsystem lässt sich in zwei Hauptkomponenten unterteilen: das angeborene und das erworbene (adaptive) Immunsystem. Das angeborene Immunsystem bildet die erste Verteidigungslinie und reagiert schnell auf körperfremde Eindringlinge, zum Beispiel über physische Barrieren wie die Haut oder über Immunzellen, die Krankheitserreger unspezifisch angreifen.
Das erworbene Immunsystem reagiert dagegen gezielt auf bestimmte Erreger und bildet Gedächtniszellen, die bei einer erneuten Infektion schneller und effektiver reagieren. Antikörper gegen bestimmte Viren oder Bakterien sind das Ergebnis dieses adaptiven Systems. Beide Komponenten arbeiten zusammen, um den Körper vor Krankheiten zu schützen und sind entscheidend für die allgemeine Gesundheit.
Wie unterstützt Bewegung dein Immunsystem?
Regelmäßige körperliche Aktivität stärkt das Immunsystem auf verschiedene Weise. Ein wichtiger Mechanismus ist die verbesserte Zirkulation von Immunzellen im Blut. Bereits eine 30-minütige Trainingseinheit kann die Anzahl und Aktivität dieser Zellen, insbesondere der natürlichen Killerzellen und der T-Lymphozyten, erhöhen.
Dadurch kann der Körper Krankheitserreger schneller erkennen und Infektionen besser abwehren. Die durch regelmäßige körperliche Aktivität gesteigerte Zirkulation von Immunzellen ist einer der Hauptgründe, warum Sportler und Menschen mit einem aktiven Lebensstil oft weniger anfällig für Infektionen sind.
Während des Trainings steigt auch die Körpertemperatur, was möglicherweise das Wachstum bestimmter Bakterien und Viren hemmen kann. Dieser Effekt ähnelt einem leichten Fieber, das der Körper als Reaktion auf Infektionen produziert. Wissenschaftler vermuten, dass diese vorübergehende Temperaturerhöhung dem Körper helfen könnte, Infektionen zu verhindern. Auch wenn dieser Effekt noch nicht vollständig erforscht ist, gilt körperliche Aktivität generell als förderlich für die Infektabwehr.
Ein weiterer wichtiger Vorteil von körperlicher Aktivität ist die Verbesserung der Schlafqualität. Schlechter Schlaf kann die Immunabwehr schwächen und entzündungsfördernde Stoffe im Körper ansteigen lassen. Regelmäßige Bewegung führt oft zu besserem und tieferem Schlaf und kann so indirekt die Immunabwehr unterstützen, indem sie dem Körper die nötige Erholung verschafft.
Stress ist auch ein Faktor, der das Immunsystem schwächen kann, und hier zeigt sich ein weiterer Vorteil von Bewegung: Sie hilft, Stress abzubauen. Bewegung sorgt dafür, dass weniger Stresshormone wie Cortisol ausgeschüttet werden und fördert gleichzeitig die Ausschüttung von Endorphinen, den sogenannten „Glückshormonen“. Das wirkt sich nicht nur positiv auf das Wohlbefinden aus, sondern entlastet auch das Immunsystem, das bei chronischem Stress oft überlastet ist.
Wie viel Bewegung ist ideal?
Die besten Effekte auf das Immunsystem werden durch moderate Bewegung erzielt. Zu intensive Trainingseinheiten können dagegen das Immunsystem vorübergehend schwächen und das Infektionsrisiko erhöhen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt daher, dass sich Erwachsene mindestens 150 bis 300 Minuten pro Woche leicht körperlich betätigen oder 75 Minuten intensive körperliche Aktivität pro Woche betreiben.
Dazu gehören zügiges Gehen, Radfahren und sportliche Aktivitäten wie Schwimmen oder Tanzen. Zusätzlich wird empfohlen, an mindestens zwei Tagen pro Woche ein gezieltes Krafttraining durchzuführen, um die Muskulatur zu stärken.
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In unserem Video spricht John Harris Eigentümer Ernst Minar und Molekularbiologe Slaven Stekovic, darüber, inwiefern Bewegung unser Wohlbefinden beeinflusst.
Wie viel Sport ist zu viel?
Zu viel Sport kann das Immunsystem belasten, insbesondere wenn Intensität und Dauer des Trainings zu hoch sind und zu wenig Erholungszeit dazwischen liegt. Grundsätzlich kann intensives Training – vor allem über 90 Minuten mit hoher Belastung und ohne ausreichende Pausen – das Immunsystem schwächen.
Das ist häufig bei Sportler:innen der Fall, die täglich lange und intensive Einheiten absolvieren, z. B. im Hochleistungssport oder bei der Vorbereitung auf einen Marathon. Hier sind einige Beispiele, wann Sport für das Immunsystem belastend sein kann:
- Hohes Trainingsvolumen ohne Pausen: Dauerhaftes Training ohne regelmäßige Ruhephasen oder „Ruhetage“ beansprucht das Immunsystem stark. Das kann die Aktivität von Immunzellen vermindern und Entzündungsprozesse im Körper fördern.
- Lang andauernde Belastungen: Trainingseinheiten über 90 Minuten in hoher Intensität (z. B. schnelles Laufen, Crossfit oder intensives Krafttraining) steigern das Risiko, dass das Immunsystem überlastet wird. Solche Belastungen aktivieren Stresshormone wie Cortisol, was die Abwehrkraft des Körpers verringern kann.
- Zu wenig Erholung zwischen Trainingseinheiten: Besonders intensives Training sollte mit genügend Erholungszeit kombiniert werden. Wenn der Körper zu wenig Zeit zur Regeneration hat, bleibt das Immunsystem geschwächt. Als Faustregel gilt, dass nach einer intensiven Einheit mindestens ein bis zwei Tage mit leichterem Training oder Pausen folgen sollten.
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Die Rolle der Erholung
Ruhepausen sind wichtig, denn in diesen Phasen regeneriert sich der Körper und sammelt Kraft für die nächste Belastung. Während der Erholung stabilisiert sich das Immunsystem, die Muskeln regenerieren und das zentrale Nervensystem wird entlastet.
Gerade wenn du regelmäßig intensiver trainierst, ist es umso wichtiger, Pausen einzulegen, um dein Immunsystem nicht zu überlasten. Sonst kann es passieren, dass du durch Überanstrengung anfälliger für Infekte wirst. Expert:innen empfehlen allgemein, zwischen einem und drei Ruhetagen pro Woche einzulegen.
Solltest du trainieren, wenn du krank bist?
Bei Erkältungssymptomen ist es ratsam, auf den Körper zu hören und es sich gut zu überlegen, ob man seinen Körper wirklich belasten möchte. Bei leichten Erkältungssymptomen wie einer verstopften Nase, leichtem Kratzen im Hals oder Kopfschmerzen ist oft noch moderate Bewegung möglich. Ein Spaziergang oder eine sanfte Yogastunde können das Wohlbefinden sogar steigern.
Bei stärkeren Symptomen wie Fieber, Husten oder Gliederschmerzen sollte man jedoch auf Bewegung verzichten. Dann braucht der Körper Ruhe, um sich zu erholen, und das Immunsystem ist bereits mit der Bekämpfung der Krankheit beschäftigt. Sport kann in diesen Fällen die Genesung verzögern und das Risiko von Komplikationen erhöhen.
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Vorteile für die Immunabwehr
Regelmäßige körperliche Aktivität kann das Immunsystem nicht nur allgemein stärken, sondern auch spezifische Vorteile bieten. Studien zeigen, dass körperliche Aktivität das Risiko von Atemwegsinfektionen wie Erkältungen oder Grippe verringern kann.
Auch die Produktion von Antikörpern wird durch Bewegung angeregt, was zu einer besseren Abwehr von Infektionen beiträgt. Eine gute Durchblutung fördert die Zirkulation von Immunzellen im gesamten Körper, wodurch potenzielle Krankheitserreger schneller bekämpft werden können. Diese Effekte machen deutlich, dass ein aktiver Lebensstil einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsvorsorge leisten kann.
Bewegung als Teil eines gesunden Lebensstils
Bewegung spielt eine wichtige Rolle bei der Unterstützung des Immunsystems und trägt zur allgemeinen Gesundheit bei. Ein aktiver Lebensstil mit regelmäßiger moderater körperlicher Aktivität und ausreichenden Ruhephasen kann die Abwehrkräfte stärken und das Infektionsrisiko senken.
Wichtig ist die Ausgewogenheit: Zu viel Training kann das Immunsystem schwächen, während mäßige körperliche Aktivität es stärkt. Wenn du neu im Sport bist oder dir nicht sicher bist, wie du Bewegung in deinen Alltag integrieren kannst, sprich am besten mit einer Ärzt:in oder Fitnesstrainer:in. Sie können dir helfen, ein Trainingsprogramm zu entwickeln, das sowohl deine Fitnessziele als auch die Unterstützung deines Immunsystems berücksichtigt.