Herzgesundheit: Warum ticken Frauen anders als Männer?

gorodenkoff/istock

Unterschätzte Dimensionen

Die biologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind offensichtlich und doch oft übersehen. In keinem Bereich ist das so deutlich wie in der Medizin, insbesondere wenn es um das Herz-Kreislauf-System geht. Frauenherzen schlagen anders als Männerherzen – eine Tatsache, die weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit und die Behandlung von Herzkrankheiten hat. Die mangelnde Berücksichtigung von Frauen in der Herzforschung hat direkte Auswirkungen auf die Gesundheit von Frauen weltweit.

Gründe für die Unterrepräsentation

Die Unterrepräsentation von Frauen in der Herzforschung ist ein komplexes Problem mit mehreren Ursachen: Historische Vernachlässigung sowie Skepsis und Vorurteile in der medizinischen Gemeinschaft haben dazu geführt, dass Frauen in Studien oft übersehen wurden. Die hormonelle Variabilität und die unterschiedliche Symptomatik von Herzkrankheiten bei Frauen stellen zusätzliche Herausforderungen in der Forschung dar, somit war es in den letzten Jahrzehnten einfacher, diese Studien nur an – meist weißen- Männern durchzuführen.

Frauen leben länger, aber ungesünder

Zahlreiche medizinische Artikel zeigen, dass Frauen in klinischen Studien zur Herzgesundheit chronisch zu gering vertreten sind. Das führt zu einem Mangel an Daten über die Herzgesundheit von Frauen und erschwert es Ärzten, geeignete Behandlungsstrategien zu entwickeln. Eine an der Universität Harvard durchgeführte Studie ergab, dass weniger als ein Drittel der Herz-Kreislauf-Studien geschlechtsspezifische Analysen enthalten, was die Notwendigkeit unterstreicht, die Forschung in diesem Bereich zu verbessern. Diese Unterrepräsentation hat schwerwiegende Folgen, denn obwohl Frauen im Durchschnitt länger leben, haben sie oftmals mehr gesundheitliche Probleme.

Andere Symptome wie Männer

Frauen können vor einem Herzinfarkt unterschiedliche Symptome zeigen im Vergleich zu Männern. Neben klassischen Anzeichen wie Brustschmerzen, die sich auf den linken Arm ausbreiten können, gibt es subtilere und weniger typische Symptome. Diese umfassen atypische Brustschmerzen, Atemnot, Müdigkeit, Übelkeit, Rücken- oder Kieferschmerzen sowie Schwindelgefühle und Schwäche. Es ist wichtig zu betonen, dass diese Symptome bei Frauen auftreten können, jedoch nicht ausschließlich. Die Anerkennung und Sensibilisierung für diese vielfältigen Symptome sind entscheidend, um Herzinfarkte bei Frauen rechtzeitig zu erkennen und angemessen zu behandeln. Auch das Risiko, nach einem Herzinfarkt zu sterben, ist bei Frauen mehr als doppelt so hoch wie bei Männern. Das geht aus einer portugiesischen Studie hervor, die auf dem Kongress Heart Failure 2023 der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) vorgestellt wurde.

Skandinavien als Vorreiter

In einigen skandinavischen Ländern wie Schweden und Norwegen wurden Maßnahmen ergriffen, um die Vertretung von Frauen in der Forschung zu verbessern. Im Bereich der Herz-Kreislauf- und medikamentösen Forschung wird verstärkt auf Frauen gesetzt. Auch in anderen Themenfeldern achtet man darauf, Frauen in der Forschung und bei Tests einzubeziehen: Beispielsweise wurden speziell entwickelte weibliche Dummy-Modelle bei diversen Crash-Tests eingeführt. Diese Bemühungen tragen dazu bei, geschlechtsspezifische Unterschiede stärker zu berücksichtigen. Durch gezielte Untersuchungen und eine verbesserte Integration könnte die Behandlung von Herzkrankheiten bei Frauen erheblich minimiert werden und so dazu beitragen, die Gesundheit und Lebensqualität von Frauen weltweit zu fördern. Darüber hinaus hätte die Prävention von Herzinfarkten bei Frauen eine Kostenersparnis für das öffentliche Gesundheitssystem zur Folge.

Vorgeschlagene Artikel