Eiswürfel statt Mahlzeiten: Gefährlicher TikTok-Trend „Wonyoungism“

Wieso ist der TikTok-Trend Wonyoungism gefährlich?
Triggerwarnung:
Dieser Artikel behandelt Themen wie Essstörungen, Fettreduzierung und Gewichtsverlust, die potenziell für manche Menschen belastend sein können. Bitte denke daran, dass eine ausgewogene und vor allem ausreichende Ernährung wichtig ist, um gesund zu bleiben. Wenn du dich in einer schwierigen Phase hinsichtlich deiner Essgewohnheiten befindest, empfehlen wir, dich mit jemandem auszutauschen oder professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Ein Personenkult auf TikTok

In den letzten Jahren sind immer wieder neue Trends auf sozialen Medien aufgetaucht, die auf den ersten Blick harmlos erscheinen mögen, sich jedoch als äußerst gefährlich herausstellen können. Einer dieser Trends ist das sogenannte „Wonyoungism“, benannt nach Jang Won-young, einer südkoreanischen Sängerin.

Der Trend, der sich um sie und ihren Lebensstil dreht, hat in den letzten Jahren eine wachsende Anhängerschaft junger Frauen und Mädchen gefunden, besonders auf Plattformen wie TikTok. Doch trotz seiner vermeintlich positiven Botschaften über Selbstpflege und Selbstvertrauen gibt es dunkle Seiten dieses Trends, die nicht nur die psychische Gesundheit gefährden, sondern auch zu ernsthaften körperlichen Schäden führen können.

Was ist Wonyoungism?

Der Begriff „Wonyoungism“ setzt sich aus dem Namen der K-Pop-Sängerin Jang Won-young und dem Wort „ism“ (was eine Ideologie oder einen Trend bezeichnet) zusammen. Jang Won-young, die als Mitglied der K-Pop-Gruppe Ive und früher von Iz*One weltweit bekannt wurde, ist bekannt für ihre schlanke Figur, ihre perfekte Haut und ihre makellose Erscheinung, die sie in verschiedenen Medienauftritten präsentiert.

Viele ihrer Fans, vor allem junge Menschen, haben begonnen, ihre Lebensweise und ihre Routinen zu imitieren – von ihrer morgendlichen Routine über ihre Fitnessgewohnheiten bis hin zu ihrem angeblich perfekten Körperbild.

Wonyoungism ist ein Trend, bei dem sich junge Menschen stark an Jang Won-young orientieren und versuchen, ihren Lebensstil zu übernehmen. Dazu gehören nicht nur äußerliche Aspekte wie Mode und Make-up, sondern auch eine Haltung gegenüber dem eigenen Körper und der Selbstpflege.

Für viele Anhänger:innen dieses Trends wird Won-young zu einer Art Idol, zu einem Idealbild, dem sie nacheifern möchten. Dieser Drang, einem bestimmten Körperideal zu entsprechen, geht jedoch weit über das hinaus, was gesund oder realistisch ist.

Viele Menschen, die sich dem Wonyoungism verschrieben haben, sehen es als eine Form der Selbstverbesserung. Es geht darum, sich selbst zu optimieren – nicht nur körperlich, sondern auch in Bezug auf Produktivität und Lebensführung.

Dazu gehört, sich selbst immer weiter herauszufordern, möglichst diszipliniert zu sein und einen nahezu perfekten Lebensstil zu führen, um dem Vorbild von Won-young gerecht zu werden. Doch dieser Idealismus ist nicht ohne Risiken.

 

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K-Pop-Kultur bringt den Trend nach Europa

Besonders bemerkenswert ist, dass K-Pop, die Musikrichtung, zu der Jang Won-young gehört, mittlerweile auch in Europa sehr beliebt ist. Vor allem junge Menschen folgen zunehmend dem Leben südkoreanischer Sängerinnen und Sänger, die nicht nur durch ihre Musik, sondern auch durch ihren Lebensstil und ihre Social-Media-Präsenz als Vorbilder verehrt werden.

Diese Faszination für K-Pop und die damit verbundene Idolisierung hat in den letzten Jahren zugenommen und sich auf eine ganze Generation von Jugendlichen ausgeweitet, was zur Verbreitung des Wonyoungism-Trends beigetragen hat.

Die dunkle Seite des Trends

Während der äußere Glanz der K-Pop-Sängerin Won-young und ihre Disziplin bewundernswert erscheinen, gibt es einen sehr dunklen Aspekt des Wonyoungism. Viele Anhänger:innen dieses Trends nehmen sich vor, den gleichen Körperbau wie ihr Idol zu erreichen, was häufig zu ungesunden Verhaltensweisen führt. Das umfasst extreme Diäten, Essensbeschränkungen und übermäßiges Training.

Der Wunsch, ein bestimmtes Bild von Schönheit zu erreichen, treibt viele dazu, ihre Ernährung drastisch zu reduzieren, oft auf ein gefährlich niedriges Niveau. Es gibt Berichte von jungen Menschen, die nur noch wenige hundert Kalorien pro Tag zu sich nehmen, um das gewünschte „Wonyoung-Aussehen“ zu erzielen.

Es ist wichtig zu betonen, dass Jang Won-young selbst diesen Trend nicht fördert und in der Vergangenheit wiederholt betont hat, wie wichtig es ist, auf die eigene Gesundheit zu achten.

Doch die verzerrte Wahrnehmung der Realität, die durch soziale Medien und speziell Plattformen wie TikTok entsteht, führt dazu, dass viele junge Menschen die falschen Schlussfolgerungen ziehen. Sie sehen in den Bildern von Won-young nicht nur eine junge Frau, die ihr Leben und ihre Karriere gemeistert hat, sondern auch ein unerreichbares Schönheitsideal, das als Standard für ihren eigenen Körper angesehen wird.

Der gefährliche Teil dieses Trends ist die normalisierte Verherrlichung von extremen Schönheitsstandards, die in der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Für viele junge Menschen, die ohnehin schon mit Unsicherheiten und dem Druck, einem bestimmten Ideal zu entsprechen, kämpfen, kann Wonyoungism zu einem gefährlichen Auslöser für Essstörungen und andere psychische Probleme werden.

Mehr dazu: Toxischer Trend: Warum „What I Eat in a Day“-Videos gefährlich sein können

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Die toxischen Regeln des Wonyoungism

Viele Anhänger:innen des Wonyoungism leben nach extrem restriktiven und ungesunden Regeln, die sie sich selbst auferlegen, um dem „perfekten“ Bild von Jang Won-young zu entsprechen. Hier sind einige Beispiele für Regeln, die die Wonyoungism-Anhänger:innen für sich aufgestellt haben:

  1. Unter 40 kg wiegen: Für viele ist das Gewicht von Jang Won-young, das oft geschätzt oder spekuliert wird, ein unerreichbares Ideal. Anhänger:innen des Trends setzen sich unrealistische und gefährliche Ziele, um dieses Gewicht zu erreichen, unabhängig von ihrer eigenen Körpergröße oder ihrem Körperbau.
  2. Nur eine Mahlzeit am Tag: Eine der toxischsten Regeln ist das drastische Einschränken der Nahrungsaufnahme. Viele essen nur eine Mahlzeit am Tag und greifen zu extremen Methoden, um Hunger zu unterdrücken.
  3. Aufstehen um 3 Uhr morgens: Um ein Gefühl von Produktivität und Disziplin zu vermitteln, propagieren einige Anhänger:innen des Trends, dass man um 3 Uhr morgens aufstehen sollte. Der extreme Schlafentzug, der damit einhergeht, kann jedoch langfristig die körperliche und psychische Gesundheit beeinträchtigen.
  4. Vier Workouts pro Tag: Anhänger:innen des Trends fühlen sich oft gezwungen, mehrmals täglich zu trainieren, unabhängig davon, ob ihr Körper dafür bereit ist. Diese Regel verstärkt das ungesunde Streben nach einem bestimmten Körperbild.
  5. Immer die besten Noten haben: Perfektionismus spielt eine zentrale Rolle im Wonyoungism. Anhänger:innen setzen sich unter immensen Druck, in allen Lebensbereichen, auch in der Schule oder im Studium, die Besten zu sein. Dieser Leistungsdruck kann zu Angstzuständen und Burnout führen.
  6. Sich von Freund:innen distanzieren: Der Fokus auf Selbstdisziplin und Perfektion führt oft dazu, dass Anhänger:innen soziale Kontakte reduzieren oder ganz abbrechen, da sie Freundschaften als Ablenkung oder als Hindernis für ihre Ziele sehen. Dies kann zu Einsamkeit und sozialer Isolation führen.
  7. Eine Skincare-Routine in 15 Schritten durchführen: Won-young ist für ihre makellose Haut bekannt, was viele dazu bringt, exzessive Hautpflege-Routinen mit bis zu 15 Schritten zu übernehmen. Diese aufwendigen Rituale werden oft als unverzichtbar angesehen, um „perfekt“ auszusehen.
  8. Eiswürfel essen, Kaugummi kauen oder Cola Zero trinken, wenn man Hunger hat: Anstatt ihren Hunger auf gesunde Weise zu stillen, greifen viele Anhänger:innen zu diesen extremen Methoden, um den Appetit zu unterdrücken. Dies fördert ungesunde Essgewohnheiten und kann langfristig zu Essstörungen führen.
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Die gefährlichen Auswirkungen – mehr als nur ein Trend

Ein zentrales Problem, das mit dem Wonyoungism-Trend verbunden ist, ist der Anstieg von Essstörungen. In den letzten Jahren haben Forscher:innen und Fachleute einen dramatischen Anstieg von Essstörungen unter jungen Menschen, insbesondere Mädchen, festgestellt.

Der Trend des Wonyoungism trägt zur Verbreitung von ungesunden Diäten und extremem Körperkult bei, was in einigen Fällen zu Anorexie, Bulimie oder anderen Formen von Essstörungen führen kann.

Ein entscheidender Faktor hierbei ist die Rolle von Social-Media-Plattformen wie TikTok. TikTok hat eine der größten und am schnellsten wachsenden Nutzergruppen weltweit, vor allem unter Jugendlichen.

Die Algorithmen der Plattform fördern Inhalte, die für die Nutzer:innen ansprechend sind, und in vielen Fällen sind dies Bilder und Videos von extrem schlanken oder perfekt aussehenden Influencern, die das Bild eines vermeintlich perfekten Lebensstils vermitteln. Inhalte, die extreme Diäten und ungesunde Essgewohnheiten anpreisen, erhalten eine hohe Interaktionsrate und werden somit weiter verbreitet.

Ein weiteres Problem ist, dass viele dieser Inhalte, die Essstörungen fördern, oft als „harmlos“ oder „inspirierend“ dargestellt werden. Es wird behauptet, dass das Streben nach einem bestimmten Körperbild Teil der Selbstpflege und der Selbstverbesserung sei.

Doch diese Art der Darstellung ignoriert die physischen und psychischen Risiken, die mit extremen Diäten und übermäßigem Trainingsaufwand verbunden sind. Die Schaffung eines idealisierten Körpers auf Kosten der eigenen Gesundheit ist kein Weg zur Selbstverbesserung – es ist ein gefährlicher Trend, der weitreichende Folgen für die psychische Gesundheit hat.

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Psychische Gesundheit und Wonyoungism

Neben den physischen Gefahren ist Wonyoungism auch eine ernsthafte Bedrohung für die psychische Gesundheit junger Menschen. Der ständige Vergleich mit einem unerreichbaren Ideal kann zu einem niedrigeren Selbstwertgefühl, Angstzuständen und Depressionen führen.

Junge Menschen, die sich ständig unter Druck setzen, um den „perfekten“ Körper zu erreichen, erleben häufig Gefühle der Unzulänglichkeit und des Versagens, wenn sie ihre Ziele nicht erreichen. Das kann das Selbstwertgefühl stark beeinträchtigen und zu einer Spirale aus Selbstkritik und Selbsthass führen. Ein weiteres psychisches Risiko ist die Entwicklung von Körperdysmorphie, einer Störung, bei der Betroffene eine verzerrte Wahrnehmung ihres eigenen Körpers haben.

Menschen mit Körperdysmorphie sehen oft Mängel oder Fehler in ihrem Aussehen, die für andere unsichtbar sind, und können besessen von der Vorstellung sein, dass sie diesen „Fehler“ korrigieren müssen. Der Druck, einem bestimmten Körperideal zu entsprechen, das durch Trends wie Wonyoungism gefördert wird, kann diese psychische Erkrankung verschärfen.

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Gefährliche Trends aufhalten

Die Auswirkungen von Wonyoungism und ähnlichen Trends sind ernst und erfordern dringende Aufmerksamkeit. Es ist entscheidend, dass wir uns der Gefahren bewusst sind, die solche Trends mit sich bringen, und dass wir junge Menschen davor schützen, in eine ungesunde Denkweise und Verhaltensweisen zu geraten.

Eltern, Lehrer:innen und Mentoren müssen ihre Kinder und Schüler:innen darin unterstützen, ein gesundes Körperbild zu entwickeln, das nicht auf den Idealen von Influencern basiert. Stattdessen sollten sie ermutigt werden, sich selbst zu schätzen und ihren Körper unabhängig von äußeren Schönheitsstandards zu lieben.

Social-Media-Plattformen wie TikTok müssen ebenfalls mehr Verantwortung übernehmen, um Inhalte zu moderieren, die schädlich sein können. Die Entwickler der Plattformen sollten Algorithmen anpassen, um Inhalte, die gefährliche Schönheitsstandards oder Essstörungen fördern, weniger sichtbar zu machen.

Es sollten verstärkte Maßnahmen ergriffen werden, um junge Nutzer:innen zu schützen und sicherzustellen, dass sie in einer sicheren und unterstützenden Online-Umgebung aufwachsen.

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