Gametenspende in Österreich: Diese Hürden müssen Paare überwinden

Warum ist in Österreich der Zugang zu Eizellenspenden erschwert?

Der unerfüllte Kinderwunsch

Der Traum von der eigenen Familie bleibt für viele Paare in Österreich leider unerreichbar – und das, obwohl das Thema Unfruchtbarkeit weit mehr Menschen betrifft, als man denkt. Laut WHO ist jedes sechste Paar ungewollt kinderlos, in der EU sind sogar 25 Millionen Menschen betroffen. Dennoch ist es bis heute ein stark tabuisiertes und stigmatisiertes Thema, das nicht nur körperliche, sondern auch immense psychische Belastungen mit sich bringt.

Während die Samenspende in Österreich noch relativ unkompliziert ist, führt der Weg zur Eizellspende viele Paare geradewegs in ein rechtliches Labyrinth. Welche Herausforderungen stellen diese Hürden dar und welche rechtlichen Änderungen sind notwendig, um den Zugang zur Reproduktionsmedizin in Österreich zu erleichtern? Christina Fadler, Obfrau des Vereins „Die Fruchtbar“, beleuchtet die drängenden Fragen.

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Wer ist auf Gametenspenden angewiesen?

Der Bedarf an Gametenspenden – also Samen- und Eizellenspenden – sowie an Fruchtbarkeitsbehandlungen wächst kontinuierlich. Laut Christina Fadler benötigt bereits jedes vierte Paar Hilfe, um schwanger zu werden. Jedes zwanzigste Baby in Österreich stammt mittlerweile aus einer künstlichen Befruchtung, und die Nachfrage wird voraussichtlich weiter steigen. Die Gametenspende ist für viele Paare und auch Einzelpersonen eine wichtige Möglichkeit, sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen.

Besonders betroffen sind Paare, bei denen eine Fruchtbarkeitsstörung vorliegt, sei es durch eine verminderte Spermienqualität beim Mann oder eine erschöpfte Eizellreserve bei der Frau. Auch gleichgeschlechtliche Paare, insbesondere lesbische Paare, sowie alleinstehende Frauen greifen zunehmend auf Samenspenden zurück, um sich den Traum von einer Familie zu erfüllen.

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Für manche Frauen, die keine eigenen Eizellen produzieren können, ist die Eizellspende eine notwendige Option. Auch Menschen, deren Partner:in unfruchtbar oder genetisch ungeeignet ist, finden in der Gametenspende eine Lösung.

In all diesen Fällen ist die Spende von Ei- oder Samenzellen nicht nur eine medizinische, sondern auch eine zutiefst persönliche Entscheidung, die es den Betroffenen ermöglicht, eine Familie zu gründen, auch wenn die biologischen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.

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Hürden der Gametenspenden in Österreich

In Österreich gibt es keine gravierenden rechtlichen Hürden für eine Samenspende. Die Kosten sind jedoch hoch, was für weniger wohlhabende Menschen eine Hürde darstellen kann. „Eine Samenspende in Österreich kostet zwischen 1.200 und 1.500 Euro und ist immer privat zu zahlen“, erklärt Fadler.

Doch trotz der Verfügbarkeit von Samenspenden gibt es erhebliche Kontrolllücken. Fadler: „Entscheidet sich ein Mann für eine Samenspende so darf er nur in
maximal einer Kinderwunschklinik spenden und bestätigt das auch mit seiner Unterschrift. Nachdem es aber kein nationales und auch kein europäisches Spenderregister gibt, kann dies nicht überprüft werden.“

Im Vergleich dazu sind die gesetzlichen Regelungen zur Eizellspende in Österreich sehr eingeschränkt. Seit 2015 ist die Eizellspende zwar gesetzlich erlaubt, aber an strenge Bedingungen geknüpft.

„Bei einer Behandlung mit Eizellspende in Österreich darf die Empfängerin nicht älter als 45 Jahre sein und es müssen folgende medizinischen Gründe vorliegen: die Funktion des Eierstocks bzw. die Eizellreserve ist altersbedingt bereits erloschen oder beide Eierstöcke wurden frühzeitig entfernt“, so die Expertin.

Außerdem muss die Spenderin aus dem Umfeld der Empfängerin stammen, denn in Österreich gibt es weder ein Spenderinnenregister noch eine Eizellbank. Das Fehlen einer entsprechenden Infrastruktur und das Verbot von Aufwandsentschädigungen erschweren den Zugang erheblich, betont Fadler.

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Expert:innen unterstreichen die Bedeutung von Transparenz bei Gametenspenden
Expert:innen unterstreichen die Bedeutung von Transparenz bei Gametenspenden

Die Suche nach einer Lösung im Ausland

Aufgrund der einschränkenden Gesetze entscheiden sich viele Paare für eine Behandlung im Ausland, vor allem in Ländern wie Tschechien oder Spanien, wo die Hürden niedriger sind. Die Expertin sieht das kritisch: „Viele Paare gehen für Behandlungen gleich ins Ausland, da diese dort kostengünstiger sind. Allerdings sind die Spenderinnen dort anonym, was für die Kinder später problematisch sein kann.“

Die Basis für glückliche Familien sind Ehrlichkeit und Vertrauen – und deshalb sollten die Kinder wissen, woher sie kommen. In Österreich gibt es derzeit nur bei Samenspenden die Möglichkeit, eine anonyme Spende zu vermeiden.

Kinder, die aus einer Samenspende hervorgegangen sind, haben ab dem 14. Lebensjahr das Recht, die Identität des Spenders zu erfahren. Diese Regelung gilt jedoch nicht in allen europäischen Ländern. Nur in 13 europäischen Ländern haben Kinder das Recht, die Identität des Spenders zu erfahren.

Transparenz als Schlüssel für das Wohl der Kinder

Der Verein „Die Fruchtbar“ setzt sich deshalb für eine europaweite Regelung ein, die es Kindern ermöglicht, Informationen über ihre Herkunft zu erhalten. „Es ist mittlerweile erwiesen, dass es psychisch für die Kinder besser ist, über ihre Herkunft Beschied zu wissen.“, betont Fadler. Das gelte auch für Adoptivkinder, für die Transparenz ebenfalls von großer Bedeutung sei.

Das Thema Ehrlichkeit zwischen Eltern und Kindern wurde auch während der Europäischen Kinderwunschwoche 2024 angesprochen. In einem Live-Talk zur Gametenspende mit Expert:innen und Betroffenen betont Nina Barnsley, Direktorin des Donor Conception Network UK : „Ehrlichkeit ist die beste Grundlage für jede Familie. Schweigen ist eine enorme psychische Belastung für Eltern. Wenn die Kinder älter werden, fangen sie an, Fragen zu stellen, zum Beispiel, warum sie bestimmte Merkmale haben oder warum sie nicht wie ihr Vater aussehen. Eltern geraten dann oft in die unangenehme Situation, ihren Kindern die Wahrheit zu verschweigen oder sogar die Unwahrheit zu sagen.“ Früher oder später erfahren die Kinder aber ohnehin, dass sie durch eine Samenspende entstanden sind, zumal DNA-Tests immer beliebter werden, erklärt Barnley.

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DNA-Tests und die Anonymität der Spender

Genforscherin Debbie Kennett bestätigt die Bedeutung der genetischen Tests: „DNA-Tests beenden die Anonymität der Gametenspende. Wenn ein Verwandter eines Spenders einen DNA-Test durchführt, muss der Spender nicht einmal in der Datenbank sein, um identifiziert zu werden“.

Das zeigt, dass die Frage der Anonymität bei der Samenspende immer mehr aus der Kontrolle der Spender:innen gerät. Die zunehmende Popularität von DNA-Tests und die Möglichkeit, genetische Verwandtschaftsverhältnisse festzustellen, führen dazu, dass die Anonymität der Spender immer mehr in Zweifel gezogen wird.

Sollte es eine Obergrenze für Samenspenden geben?

Eine häufig diskutierte Frage ist, ob es eine Obergrenze für Samenspenden geben sollte. Ein bemerkenswerter Fall, der diese Debatte angeheizt hat, ist der eines niederländischen Supersamenspenders, der fast 600 Spenden geleistet haben soll. In Österreich ist die Zahl der Samenspenden auf maximal drei Paare pro Spender beschränkt. Ein Fall wie der des niederländischen Spenders wäre hierzulande nicht also zulässig.

Jackson Kirkman-Brown, Professor für Reproduktionswissenschaften, befürwortet im erwähnten Live-Talk eine Obergrenze: „Wenn Spender zu viele Nachkommen haben, kann das für die Kinder psychisch belastend sein, und es ist auch ethisch fragwürdig.“

Allerdings warnt er davor, dass eine solche Beschränkung viele Spender ins Ausland treiben könnte. Das würde es den betroffenen Kindern erschweren, ihre leiblichen Eltern oder Geschwister zu finden.

Warum entscheiden sich Eltern manchmal zu schweigen?

Nicht selten ist die Entscheidung für eine Spende nicht die erste Wahl der Eltern, sondern das Ergebnis eines langen und emotional belastenden Prozesses. „Deshalb fällt es vielen Eltern schwer, darüber zu sprechen. Sie wollen nicht aufhören, als die ‚wirklichen‘ Eltern wahrgenommen zu werden, erklärt Nina Barnsley.

Diese Unsicherheiten führen dazu, dass viele Eltern lieber schweigen und die Herkunft des Kindes nicht thematisieren, aus Angst, ihr „Elternbild“ zu verändern. Diese Entscheidung führt jedoch zu langfristigen psychischen Belastungen, die sich nicht nur auf die Eltern, sondern auch auf die Beziehung zum Kind auswirken können.

Der Bedarf an psychologischer Unterstützung

Der gesamte Prozess der Gametenspende, von der Entscheidung bis zur Elternschaft, ist emotional belastend und viele Eltern fühlen sich allein gelassen. Christina Fadler betont daher die Notwendigkeit einer umfassenden psychologischen Betreuung.Wir wünschen uns dabei sowohl eine psychologische Begleitung der Paare im Prozess der Spende, aber auch später für die Kinder, wenn sie mit 14 Jahren erfahren dürfen, wer die Spenderin oder der
Spender war.“

Fadler fordert auch die Einrichtung eines zentralen Spenderregisters, um die Information über die Herkunft der Kinder zu sichern und eine spätere Identifizierung zu ermöglichen. „Wichtig wäre ein österreichisches Register für alle Spenden, damit die Information auch für die Spender:innen geschützt in einem Ministerium gesammelt werden kann und später den Kindern zur Verfügung steht.“

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Was Österreich von anderen Ländern lernen kann

Ein Blick auf die Regelungen in anderen europäischen Ländern zeigt, dass ein offener Umgang mit der Gametenspende möglich ist. Als Beispiel nennt Fadler Finnland: „Dort ist die Spende bis 35 möglich und es gibt eine kleine finanzielle Abgeltung, etwa 250 Euro. Aber am wichtigsten ist, dass die Identität der Spender:innen eben bekannt ist.“ Die Expertin sieht in diesem Modell auch eine mögliche Lösung für Österreich.

Neben der Einführung einer zentralen Spender:innen-Registrierung wäre es hilfreich, das Höchstalter für Spenderinnen auf 35 Jahre zu erhöhen und eine angemessene Aufwandsentschädigung einzuführen. Fadler sieht darin auch die Chance, das Tabuthema Gametenspende zu enttabuisieren und gesellschaftlich zu normalisieren. „Wir müssen anfangen, offen über den unerfüllten Kinderwunsch zu sprechen. Das setzt natürlich auch eine entsprechende Gesetzgebung voraus.“

Politische Forderungen und Hoffnung auf Veränderung

Die gesetzliche Anerkennung der Unfruchtbarkeit als Krankheit wäre ein wichtiger Schritt für betroffene Paare in Österreich. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird Unfruchtbarkeit als „Krankheit des männlichen oder weiblichen Fortpflanzungssystems, die dadurch definiert ist, dass nach zwölf Monaten oder mehr regelmäßigem ungeschütztem Geschlechtsverkehr keine Schwangerschaft eintritt,“ eingestuft.

Dennoch ist Unfruchtbarkeit in Österreich noch kein anerkanntes Krankheitsbild, was zur Folge hat, dass viele Behandlungen privat finanziert werden müssen und nicht von der Krankenkasse übernommen werden.

Auch die Möglichkeit der Embryonenspende würde vielen Paaren eine weitere Option zur Erfüllung ihres Kinderwunsches bieten. In Österreich ist es jedoch gesetzlich nicht erlaubt, sodass Paare ins Ausland ausweichen müssen. Fadler hält es für dringend notwendig, dass die Politik auch diese Regelungen überdenkt, um Paaren im Inland mehr Unterstützung zu bieten.

Die Zukunft der Gametenspende in Österreich

Die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Kinder und ihrer Herkunft ist von großer Bedeutung, um das Thema aus der Tabuzone zu holen und den betroffenen Familien die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.

Die Fruchtbar – Verein Kinderwunsch Österreich setzt sich dafür ein, dass der unerfüllte Kinderwunsch und das Thema Gametenspende öffentlich diskutiert und enttabuisiert werden. Seit ihrer eigenen IVF-Erfahrung organisiert Fadler Selbsthilfegruppen, um Betroffenen eine Plattform zu geben und sie in einer belastenden Zeit zu unterstützen.

„Vielen ist oft nicht klar, wie sehr Paare unter einem unerfüllten Kinderwunsch leiden. Dabei geht es um viel mehr als einen Wunsch, es geht um eine gemeinsame Zukunft als Familie, betont Fadler und hofft, dass die österreichische Politik die rechtlichen Rahmenbedingungen so anpasst, dass Paaren nicht nur mehr Möglichkeiten, sondern auch mehr Sicherheit und Transparenz geboten werden.

Christina Fadler, Obfrau des Vereins „Die Fruchtbar“

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