Frühgeborenes Baby: Warum Nähe und Liebe so wichtig sind

Wie können Eltern positive Sinneseindrücke bei ihrem frühgeborenem Kind fördern?

Wenn das Baby zu früh auf die Welt kommt

Die Geburt eines Frühgeborenen ist eine der emotional herausforderndsten Erfahrungen, die Eltern durchmachen können. Es ist eine Zeit des Schocks, der Unsicherheit und der intensiven Ängste. Doch die Frühgeburt eines Kindes wirft nicht nur eine Menge Fragen auf, sie verändert auch das Leben der Eltern auf tiefgreifende Weise.

Wenn ein Baby vor der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt kommt, ist es medizinisch betrachtet ein Frühgeborenes – und je eher es geboren wird, desto dramatischer sind oft die Folgen. Das betrifft sowohl die physische als auch die emotionale Entwicklung des Kindes und natürlich auch das Wohlbefinden der Eltern.

Trotz aller medizinischen Fortschritte, die Frühgeburten heute weit weniger gefährlich machen als noch vor wenigen Jahrzehnten, bleibt der Weg von Eltern eines Frühgeborenen ein steiniger. Es ist eine Reise voller Angst, Hoffnung und oft auch erdrückender Sorge um das Leben und die Gesundheit des Kindes.

Doch inmitten der vielen Herausforderungen gibt es eine fundamentale Wahrheit, die sich immer wieder bestätigt: Die Bindung zwischen Eltern und Kind ist der Schlüssel – der Schlüssel, der das Kind nicht nur am Leben erhält, sondern ihm auch die besten Chancen für eine gesunde Entwicklung bietet.

Der Schock der Frühgeburt

Die Geburt eines Frühgeborenen kommt für viele Eltern völlig unerwartet. Auch wenn Schwangere wissen, dass Frühgeburten möglich sind, tritt der Schock oft mit voller Wucht ein, wenn es tatsächlich passiert.

Während die Geburtsvorbereitung vor allem auf eine normale Entbindung ausgerichtet ist, stellen sich Eltern nach einer Frühgeburt plötzlich ganz neuen Fragen: „Wird mein Baby überleben?“, „Wie werden wir mit der Situation umgehen?“ und „Welche langfristigen Folgen wird die Frühgeburt haben?“ In diesen ersten Momenten, wenn das Baby zu früh das Leben betritt, sind Eltern oft von Ängsten und Verunsicherung geplagt.

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Die Intensivstation: Ein Ort der Hoffnung und Sorge

Für viele Eltern beginnt das Leben nach der Frühgeburt mit einem kalten, klinischen Raum – der Neonatologie- oder Intensivstation. Hier kämpfen Frühgeborene oft mit den ersten Lebenstagen, um ihre Lungen zu entwickeln, ihre Körpertemperatur zu regulieren und ihre Organe zu stabilisieren. Eltern sind in dieser Zeit fast ausschließlich auf die Hilfe von Ärzt:innen und Pflegepersonal angewiesen.

Die Entfernung des Babys aus dem natürlichen Geburtsumfeld und der Blick auf medizinische Geräte, die die vitalen Funktionen überwachen, machen das Ganze noch erschreckender. Der Instinkt, das Kind zu beruhigen, es zu trösten und zu versorgen, wird in der Isolation der Intensivstation massiv eingeschränkt.

Doch gerade in dieser Zeit ist es von enormer Bedeutung, dass Eltern und Baby eine Verbindung aufbauen. Die emotionale Nähe und Fürsorge der Eltern sind unverzichtbar für das Wohlbefinden des Frühgeborenen, und das medizinische Personal ermutigt Eltern zunehmend, aktiv in die Pflege ihres Kindes einzutreten.

Der Einfluss von Nähe und Bindung

Einer der wichtigsten Ansätze, um die Bindung zwischen Eltern und Frühgeborenen zu stärken, ist die sogenannte Känguru-Pflege. Dieser Begriff beschreibt das Konzept des Haut-an-Haut-Kontakts zwischen Eltern und Kind, das bereits kurz nach der Geburt möglich ist. Dabei liegt das Baby auf dem nackten Oberkörper eines Elternteils, meist der Mutter, und kann so Wärme, Sicherheit und Liebe erfahren.

Die positiven Auswirkungen dieser Praxis sind längst wissenschaftlich belegt. Studien zeigen, dass Frühgeborene, die regelmäßig Känguru-Pflege erfahren, nicht nur schneller an Gewicht zulegen und ihre Körpertemperatur besser regulieren, sondern auch weniger anfällig für Infektionen sind.

Darüber hinaus hilft diese intensive Form des Kontakts, die Bindung zwischen Eltern und Kind zu stärken, was für das psychische Wohl beider von entscheidender Bedeutung ist.

Stress und seine Folgen für Frühgeborene

Ein Frühgeborenes erlebt eine Welt, die ganz anders ist als die eines voll ausgetragenen Babys. Die medizinischen Eingriffe und die ständige Überwachung können für das kleine Kind extrem stressig sein.

Ein hoher Stresspegel wirkt sich nicht nur auf die körperliche Gesundheit aus, sondern hat auch langfristige Auswirkungen auf die geistige Entwicklung des Kindes. Kortisol, das Stresshormon, ist in hohen Mengen giftig für den Körper und kann die Entwicklung des Gehirns negativ beeinflussen.

Die Eltern sind daher nicht nur emotionale Stützen, sondern auch entscheidend, um den Stress des Kindes zu verringern. Studien haben gezeigt, dass die Nähe und Liebe der Eltern eine beruhigende Wirkung auf das Baby haben können, was zu einer Reduktion des Stresshormons führt und die Entwicklung positiv beeinflusst.

Der heilende Einfluss der Bindung

Während viele Eltern zunächst den physischen Kontakt zu ihrem Kind suchen, um es zu schützen und zu wärmen, geht es bei der frühen Bindung weit über diese physischen Aspekte hinaus. Eltern bieten ihren Babys emotionale Sicherheit, die für deren geistige Entwicklung unerlässlich ist.

Babys, die in den ersten Wochen ihres Lebens die Nähe ihrer Eltern erfahren, entwickeln ein starkes Vertrauen, das ihnen hilft, auch in späteren Jahren besser mit Stress und Herausforderungen umzugehen.

Neben der physischen Nähe spielen auch kleine Gesten eine große Rolle: Beruhigende Worte, leises Singen, zärtliche Berührungen – all dies trägt dazu bei, das emotionale Gleichgewicht des Babys zu stabilisieren.

In dieser Zeit werden wichtige Grundlagen für das spätere Leben gelegt, denn der Aufbau einer sicheren Bindung in den ersten Lebensmonaten hat positive Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl und die sozialen Fähigkeiten des Kindes.

Die Rolle der Eltern im Pflegeprozess

Frühgeborene sind oft auf die ständige Betreuung und Unterstützung von Fachkräften angewiesen, doch auch die Eltern spielen eine immer größere Rolle in der Pflege. Die Erfahrung, das Baby in den ersten Wochen nach der Geburt selbst zu füttern, zu wickeln oder ihm beim Überwinden von Entwicklungsbarrieren zu helfen, ist ein heilender Prozess für beide Seiten.

Eltern werden zu aktiven Partnern im Pflegeprozess und nehmen eine Rolle ein, die weit über die des passiven Beobachters hinausgeht. Das stärkt nicht nur die Eltern-Kind-Bindung, sondern hilft auch, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten als Eltern zu festigen. Die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Klinikpersonal schafft ein unterstützendes Netzwerk, das für das Frühgeborene von unschätzbarem Wert ist.

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So beeinflusst frühe Bindung die Entwicklung

Die Auswirkungen der frühen Bindung sind nicht nur auf die ersten Lebenswochen begrenzt. Eltern, die in den ersten Monaten besonders intensiv mit ihrem Frühgeborenen interagieren, legen den Grundstein für eine gesunde psychische und physische Entwicklung im späteren Leben.

Frühgeborene, die enge Bindungen zu ihren Eltern aufbauen, zeigen häufig weniger Verhaltensauffälligkeiten und sind besser in der Lage, mit stressigen Situationen umzugehen.

Ein starkes Selbstwertgefühl, die Fähigkeit, in sozialen Interaktionen Vertrauen aufzubauen, und eine gesunde Resilienz gegenüber den Herausforderungen des Lebens sind nur einige der langfristigen Vorteile, die sich aus einer frühen und intensiven Bindung ergeben. Die Liebe und Fürsorge der Eltern wirken sich somit direkt auf die gesamte Entwicklung des Kindes aus und beeinflussen die Lebensqualität in positiver Weise.

Ein neues Programm der MedUni Wien

Im Oktober 2024 wurde an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien/AKH Wien das Programm „SENSE“ für Frühgeborene eingeführt. Entwickelt von Roberta Pineda und ihrem Team von der University of Southern California, zielt das Programm darauf ab, Frühgeborene mit positiven Sinneseindrücken wie Berührungen, Geräuschen, Gerüchen und Bildern zu fördern.

Diese Reize sollen die Entwicklung der Kinder unterstützen und die Bindung zwischen Eltern und Kind stärken. Ein wichtiger Bestandteil des Programms ist, dass Eltern aktiv in die Pflege und Betreuung ihres Kindes einbezogen werden, was ihre Kompetenz erhöht und das Wohlbefinden der Familie fördert.

Nach einer erfolgreichen Testphase wurde „SENSE“ nun auf den Neonatologie-Stationen der MedUni Wien für alle Frühgeborenen vor der 28. Schwangerschaftswoche eingeführt. Erste Rückmeldungen der Eltern sind sehr positiv. Das Programm wird wissenschaftlich begleitet, um seine Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder zu erforschen.

Der Weg zur Heilung und Hoffnung

Die Geburt eines Frühgeborenen ist ohne Frage eine schwierige und beängstigende Erfahrung für Eltern. Doch inmitten der vielen Herausforderungen gibt es einen entscheidenden Faktor, der das Leben des Kindes retten und bereichern kann: die Bindung zu den Eltern.

Diese Bindung ist nicht nur für das Überleben wichtig, sondern auch für das Wohlbefinden und die spätere Entwicklung des Kindes. Indem Eltern ihrem Frühgeborenen Liebe, Geborgenheit und Nähe schenken, tragen sie maßgeblich zur Heilung und gesunden Entwicklung bei. Die Reise von Eltern und Kind ist eine von Hoffnung und Liebe, die sich in den ersten Lebenswochen als Schlüssel zu einer gesunden Zukunft erweist.

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