Weltdiabetestag: Warum auch junge Menschen betroffen sind

Warum erkranken immer mehr junge Menschen an Diabetes?

Diabetes verstehen und vorbeugen

Diabetes betrifft weltweit immer mehr Menschen – eine stille Epidemie, die fast 537 Millionen im Griff hat und allein in Österreich rund 600.000 Betroffene zählt. Die Ursachen sind klar: Übergewicht und Bewegungsmangel haben die Stoffwechselstörung zu einem globalen Gesundheitsproblem gemacht.

Doch die Medizin steht nicht still. Sie hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, die das Verständnis und die Behandlungsmöglichkeiten von Diabetes grundlegend verändert haben. Diese Fortschritte sind dringend notwendig, denn unbehandelter Diabetes hat oft schwerwiegende Folgen – von Herzinfarkt und Nierenschäden bis hin zur Erblindung.

Der Weltdiabetestag am 14. November bietet Gelegenheit, über die Krankheit und ihre Prävention zu informieren – denn je früher Diabetes erkannt und behandelt wird, desto besser lassen sich Risiken und Spätfolgen eindämmen.

Diabetes mellitus – die „Zuckerkrankheit“ und ihre Folgen

„Diabetes mellitus“ ist der medizinische Fachbegriff für die sogenannte „Zuckerkrankheit“. Die Krankheit ist eine Stoffwechselstörung, die dazu führt, dass der Blutzuckerspiegel chronisch erhöht ist. Dieser dauerhaft hohe Blutzuckerspiegel kann schwerwiegende Folgen für den Körper haben: Er schädigt die Blutgefäße und Nerven. Die zwei bekanntesten Diabetes-Typen sind Typ-1- und Typ-2-Diabetes.

  • Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, die meist schon im Kindes- oder Jugendalter auftritt. Bei dieser Form zerstört das Immunsystem die Zellen der Bauchspeicheldrüse, die das Hormon Insulin produzieren. Insulin ist jedoch notwendig, damit Zucker aus der Nahrung vom Blut in die Körperzellen gelangt. Ohne Insulin bleibt der Blutzucker im Blutkreislauf, was gefährlich ist. Menschen mit Typ-1-Diabetes müssen daher ihr Leben lang Insulin spritzen.
  • Typ-2-Diabetes ist die häufigere Form und betrifft etwa 90% aller Diabetiker:innen. Dieser Typ entwickelt sich meist erst im Erwachsenenalter und ist stark mit Lebensstilfaktoren wie Übergewicht und Bewegungsmangel verbunden. Beim Typ-2-Diabetes produziert der Körper zwar noch Insulin, aber die Körperzellen reagieren nicht mehr richtig darauf. Dadurch kann der Zucker nicht mehr gut verwertet werden und der Blutzuckerspiegel bleibt dauerhaft zu hoch.

Typ-2-Diabetes: Warum auch junge Menschen betroffen sind

In der Vergangenheit wurde Typ-2-Diabetes oft als „Altersdiabetes“ bezeichnet, weil er vor allem bei älteren Menschen auftrat. Doch inzwischen erkranken immer mehr junge Erwachsene und sogar Teenager an Typ-2-Diabetes. Der Hauptgrund dafür ist die zunehmende Zahl von jungen Menschen mit Übergewicht.

Vor allem das Bauchfett, das sogenannte viszerale Fett, scheint eine Rolle zu spielen, da es besonders stoffwechselaktiv ist und das Risiko für Insulinresistenz erhöht. Insulinresistenz bedeutet, dass die Körperzellen weniger empfindlich auf Insulin reagieren, wodurch der Zucker nicht mehr in die Zellen aufgenommen wird und im Blut verbleibt.

Für junge Erwachsene und Jugendliche mit Typ-2-Diabetes ist dies besonders gefährlich, weil die Krankheit in jungen Jahren oft schneller fortschreitet. Zudem haben diese Betroffenen ein höheres Risiko für Herzprobleme und andere Folgeerkrankungen, die ihr Leben stark beeinträchtigen können. Deshalb ist es wichtig, möglichst früh gegenzusteuern.

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Neue Entdeckungen: Verschiedene Typen des Typ-2-Diabetes

Typ-2-Diabetes ist nicht bei allen Menschen gleich. Die Wissenschaft hat kürzlich entdeckt, dass es mehrere verschiedene „Subtypen“ des Typ-2-Diabetes gibt. Das bedeutet, dass Menschen unterschiedlich auf die Krankheit reagieren und verschiedene Verläufe zeigen.

Diese Erkenntnis ist wichtig, weil sie neue Wege für eine individuelle Behandlung eröffnet. Früher gab es für alle Betroffenen meist dieselbe Art von Medikamenten, um den Blutzucker zu senken. Heute weiß man, dass nicht jeder Mensch gleich gut auf die gleiche Behandlung anspricht, und es gibt Medikamente, die auf bestimmte Typen besser zugeschnitten sind.

„Hier gab es in den letzten Jahren große Fortschritte mit neuen Medikamentenklassen, die nicht nur den Blutzucker senken, sondern zusätzlich zahlreiche positive Effekte mit sich bringen“, berichtet Alexandra Kautzky-Willer von der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien.

Dank dieser neuen Medikamente können Ärztinnen und Ärzte nicht nur den Blutzucker regulieren, sondern auch gezielt andere gesundheitliche Vorteile erreichen, die den gesamten Gesundheitszustand verbessern. Dazu zählen unter anderem ein besserer Schutz für das Herz und die Nieren, Hilfe beim Abnehmen und sogar eine Senkung der Sterberaten.

Der neue Ratgeber der MedUni Wien erklärt, wie man diese neue Art der personalisierten Therapie einsetzen kann und wie Betroffene gemeinsam mit ihren Ärzten die richtige Behandlung finden können.

Schwangerschaftsdiabetes – ein erhöhtes Risiko

Ein weiterer Faktor, der zur Entstehung der Krankheit beitragen kann, betrifft vor allem schwangere Frauen: Schwangerschaftsdiabetes. Etwa 5 von 100 Schwangeren sind davon betroffen. Diese Form des Diabetes verschwindet zwar meist nach der Geburt wieder, erhöht aber das Risiko, später im Leben an Typ-2-Diabetes zu erkranken.

Die hormonellen Veränderungen während der Schwangerschaft führen dazu, dass der Körper Zucker langsamer in die Zellen aufnimmt und der Blutzuckerspiegel ansteigt. In den meisten Fällen lässt sich der Schwangerschaftsdiabetes durch eine Ernährungsumstellung und mehr Bewegung in den Griff bekommen.

Eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung sind wichtig, um Komplikationen bei der Geburt zu vermeiden, wie zum Beispiel eine Schulterdystokie (eine schwierige Geburt aufgrund der Größe des Kindes).

Auch das Risiko einer Präeklampsie, einer Schwangerschaftserkrankung mit Bluthochdruck und Eiweißausscheidung im Urin, ist bei Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes erhöht. Daher ist es wichtig, dass betroffene Frauen ihren Blutzucker nach der Geburt regelmäßig kontrollieren lassen, um ihre Gesundheit langfristig zu schützen.

 

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Die Gefahr der Folgeerkrankungen

Diabetes kann das Risiko für schwere gesundheitliche Probleme stark erhöhen, vor allem, wenn der Blutzucker über längere Zeit hoch bleibt. Das schädigt die Blutgefäße und Nerven, was im Körper zu vielen Komplikationen führt. Besonders gefährlich ist das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle, die bei Menschen mit Diabetes häufiger auftreten.

Diabetes ist eine der Hauptursachen für Herz- und Gefäßerkrankungen, die bei rund 80% der Betroffenen letztlich zum Tod führen. Auch die Nieren können durch die Belastung geschädigt werden, sodass manche Patienten schließlich auf eine Dialyse angewiesen sind.

Zudem erhöht Diabetes das Risiko für Augenprobleme, die bis zur Erblindung führen können, und für das sogenannte diabetische Fußsyndrom. Beim diabetischen Fußsyndrom entstehen schlecht heilende Wunden an den Füßen, die im schlimmsten Fall Amputationen erforderlich machen können. Diese Risiken machen deutlich, wie wichtig es ist, den Blutzucker gut im Blick zu behalten und regelmäßig zur Kontrolle zu gehen.

Moderne Technik für eine bessere Blutzuckerkontrolle

Die Technik spielt heute eine immer wichtigere Rolle in der Diabetes-Behandlung. Während Menschen mit Diabetes früher den Blutzucker nur mit einem Tropfen Blut und einem Messgerät überprüfen konnten, gibt es heute Geräte, die kontinuierlich den Blutzuckerspiegel überwachen.

Diese „kontinuierlichen Glukosemessgeräte“ (CGMs) messen den Blutzucker rund um die Uhr und zeigen sofort an, wenn der Wert zu hoch oder zu niedrig ist. So können Menschen mit Diabetes besser und schneller auf Schwankungen reagieren.

Für viele Betroffene ist es eine große Erleichterung, denn sie müssen sich nicht mehr ständig selbst kontrollieren und können so ihren Alltag freier gestalten. Auch Insulinpumpen, die Insulin automatisch abgeben, gehören heute zur modernen Therapie.

Die wichtigsten Schritte zur Prävention von Diabetes

Ein Hauptziel des Weltdiabetestages ist es, auf die Prävention von Typ-2-Diabetes aufmerksam zu machen. Zwar können genetische Faktoren das Risiko erhöhen, doch haben Lebensstilfaktoren wie Ernährung und Bewegung den größten Einfluss darauf, ob sich ein Diabetes entwickelt oder nicht. Die beste Strategie besteht darin, Diabetes gar nicht erst entstehen zu lassen. Der Ratgeber gibt dazu praxisnahe Tipps, die jeder umsetzen kann, um sein Risiko zu verringern.

1. Gesunde Ernährung

Eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist ein zentraler Faktor, um das Risiko für Typ-2-Diabetes zu senken. Empfehlenswert ist eine Kost mit reichlich Obst, Gemüse und Vollkornprodukten, die den Blutzuckerspiegel stabil halten und Nährstoffe liefern, die der Körper benötigt.

Auch gesunde Fette, wie sie in Nüssen und Olivenöl vorkommen, sind wichtig, da sie zur Sättigung beitragen und Heißhunger vorbeugen. Verarbeitete Lebensmittel und zuckerreiche Produkte sollten hingegen reduziert werden, da sie den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen lassen und den Stoffwechsel belasten können.

2. Bewegung

Regelmäßige Bewegung ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Diabetesprävention. Bewegung hilft, die Insulinempfindlichkeit der Zellen zu erhöhen, was bedeutet, dass der Körper Zucker aus dem Blut besser in die Zellen aufnehmen kann.

Schon 30 Minuten körperliche Aktivität täglich, sei es durch Spaziergänge, Radfahren, Schwimmen oder andere Aktivitäten, können den Blutzuckerspiegel positiv beeinflussen und das allgemeine Wohlbefinden steigern. Ein aktiver Alltag hilft dabei, das Risiko für Typ-2-Diabetes deutlich zu senken und trägt auch zur Gewichtskontrolle bei.

3. Gewichtskontrolle

Übergewicht, insbesondere am Bauch, zählt zu den größten Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes. Bauchfett wirkt sich besonders negativ auf die Insulinempfindlichkeit aus, was den Blutzuckerspiegel langfristig erhöht. Durch eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung kann man sein Gewicht im gesunden Bereich halten und das Risiko für Diabetes erheblich senken. Ein stabiles, gesundes Gewicht entlastet nicht nur den Stoffwechsel, sondern trägt auch zum Schutz von Herz und Gefäßen bei.

4. Blutzucker im Auge behalten

Für Menschen mit einem erhöhten Risiko für Diabetes ist es sinnvoll, regelmäßig den Blutzuckerspiegel überprüfen zu lassen. Frühzeitige Kontrolluntersuchungen helfen, die Krankheit in einem sehr frühen Stadium zu erkennen, was den Erfolg der Gegenmaßnahmen erhöht.

Eine rechtzeitige Diagnose ermöglicht es, den Verlauf der Krankheit zu verlangsamen oder das Fortschreiten sogar zu verhindern. Durch regelmäßige Blutzuckerkontrollen kann man Veränderungen im Blick behalten und bei Bedarf sofort handeln.

Mehr dazu: Der Glukose-Trick: Was steckt hinter dem gehypten Konzept?

Ein umfassender Leitfaden für ein Leben mit Diabetes

Um wertvolles Wissen über Diabetes zu vermitteln, hat die MedUni Wien einen umfassenden Ratgeber herausgebracht. Dieser richtet sich an alle, die mehr über die Krankheit erfahren möchten – ob selbst Betroffene oder einfach Neugierige, die ihr Wissen erweitern wollen.

Der Ratgeber, verfasst von den Diabetes-Expertinnen Alexandra Kautzky-Willer und Yvonne Winhofer, erklärt auf verständliche Weise, was Diabetes ist, welche Formen es gibt und wie man die Krankheit frühzeitig erkennt und erfolgreich behandelt. Besonders wichtig ist die Frage, wie sich das Risiko für Diabetes verringern lässt. Für Betroffene bietet das Buch wertvolle Unterstützung, um die Erkrankung besser zu verstehen und aktiv an der eigenen Gesundheit zu arbeiten.

Mit aktuellen Fakten, neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen Tipps für den Alltag hilft der Ratgeber, das Leben mit Diabetes zu erleichtern. Ein besonderer Schwerpunkt liegt darauf, wie wichtig es ist, gut informiert zu sein: Denn wer seine Erkrankung versteht, kann selbstbewusst und gezielt handeln, um das eigene Wohlbefinden zu fördern.

Buchtipp: „Diabetes. Vorsorgen, rechtzeitig erkennen und richtig behandeln“, Alexandra Kautzky-Willer und Yvonne Winhofer, MedUni Wien, erhältlich im Buchhandel und online unter MANZ Shop.

Yvonne Winhofer, Diabetes-Expertin und Autorin des Ratgebers der MedUni Wien
Yvonne Winhofer, Diabetes-Expertin und Autorin des Ratgebers der MedUni Wien
Alexandra Kautzky-Willer, Diabetes-Expertin und Autorin des Ratgebers der MedUni Wien
Alexandra Kautzky-Willer, Diabetes-Expertin und Autorin des Ratgebers der MedUni Wien

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