Neue Studie zu Darmkrebs: Warum versagen Immuntherapien?

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Die häufigste Form von Darmkrebs

Als die Immuntherapie erstmals zur Behandlung von Krebs zugelassen wurde, setzten viele Mediziner:innen und Betroffene große Hoffnungen in diese neue Behandlungsmethode. Inzwischen können immer mehr Krebsarten mit dieser innovativen Therapie behandelt werden. Doch beim Darmkrebs gibt es eine besondere Herausforderung: Eine weit verbreitete Form, das mikrosatelliten-stabile kolorektale Karzinom (MSS CRC), reagiert nur schlecht auf moderne Immuntherapien. Diese Krebsform macht etwa 85 bis 90 % aller Darmkrebsfälle aus und ist besonders schwer zu behandeln. Doch es gibt neue Hoffnung: Ein Forschungsteam unter der Leitung der Medizinischen Universität Wien hat einen aussichtsreichen Ansatz entdeckt, der die Behandlung von MSS CRC verbessern könnte. Die vielversprechenden Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht. Doch was steckt hinter dieser neuen Forschung und wie könnte sie sich auf das Leben der Betroffenen auswirken?

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Wie wirkt Immuntherapie?

Die Immuntherapie ist eine moderne Methode zur Krebsbehandlung. Sie gilt als besser als viele andere Therapiemöglichkeiten, weil sie das körpereigene Immunsystem dabei unterstützt, Krebszellen gezielt zu erkennen und zu bekämpfen, ohne gesunde Zellen stark zu schädigen. Im Gegensatz zu klassischen Behandlungen wie Chemotherapie oder Bestrahlung, die oft auch gesunde Zellen angreifen und starke Nebenwirkungen verursachen, arbeitet die Immuntherapie präziser und kann langfristig wirksamer sein. Die Therapie funktioniert, indem das körpereigene Immunsystem angeregt wird, den Krebs zu bekämpfen. Normalerweise erkennt unser Immunsystem Fremdkörper oder kranke Zellen und zerstört sie. Bei Krebszellen ist das oft schwieriger, weil diese Zellen so verändert sind, dass sie für das Immunsystem schwer zu erkennen sind. Immuntherapien helfen dem Körper, diese Zellen zu erkennen und zu zerstören. Außerdem können die Therapien das Immunsystem „trainieren“, damit es den Krebs besser kontrolliert und das Risiko eines Rückfalls verringert. Einige Patient:innen mit bestimmten Krebsarten wie dem so genannten MSI-Darmkrebs profitieren bereits von solchen Therapien. Bei der häufigsten Form von Darmkrebs, dem MSS CRC, ist die Wirksamkeit der Immuntherapie leider sehr begrenzt. Warum das so ist, wollten die Wiener Forscher:innen herausfinden – und sie haben eine mögliche Antwort gefunden.

Warum scheitert die Therapie?

Normalerweise hilft die Immuntherapie dem Körper, Krebszellen zu erkennen und zu bekämpfen. Doch bei der häufigsten Form von Darmkrebs, dem mikrosatelliten-stabilen kolorektalen Karzinom (MSS CRC), funktioniert das oft nicht gut. Eine wichtige Rolle spielen dabei γδ T-Zellen, eine spezielle Art von Immunzellen, die normalerweise kranke Zellen direkt erkennen und angreifen können. Bei vielen Patient:innen mit MSS CRC sind diese speziellen Immunzellen jedoch blockiert und können den Krebs nicht bekämpfen. Grund dafür sind bestimmte Bindegewebszellen, die so genannten Fibroblasten. Diese Zellen setzen Stoffe frei, die verhindern, dass die Immunzellen aktiv werden. Deshalb ist die Immuntherapie bei diesen Patient:innen oft nicht so wirksam.

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Was könnte eine mögliche Lösung sein?

Eine mögliche Lösung haben die Forscher:innen gefunden: Ein Molekül namens TIGIT ist dafür verantwortlich, dass die γδ T-Zellen blockiert werden. Wird dieses Molekül gehemmt, können die T-Zellen wieder aktiver gegen den Krebs vorgehen. Das bedeutet, dass die Immunzellen den Tumor besser bekämpfen können, wenn TIGIT ausgeschaltet ist. Dieser Ansatz könnte die Immuntherapie bei der Darmkrebsart MSS CRC verbessern. Wenn die Blockade der T-Zellen aufgehoben wird, könnte das Immunsystem den Krebs wieder stärker angreifen. Wie man dieses Molekül ausschalten kann, ist jedoch noch ein aktives Forschungsfeld.

Bedeutung für die Betroffenen

Für die Betroffenen bedeuten die neuen Forschungsergebnisse Hoffnung auf wirksamere und schonendere Behandlungsmöglichkeiten. Wenn zukünftige Therapien die Blockade der γδ T-Zellen erfolgreich aufheben, könnten Patient:innen mit mikrosatellitenstabilem Darmkrebs von gezielteren und weniger belastenden Therapien profitieren. Das könnte nicht nur die Überlebenschancen verbessern, sondern auch die Lebensqualität durch geringere Nebenwirkungen erhöhen. Darüber hinaus könnte die Entwicklung personalisierter Behandlungsansätze, die speziell auf die individuellen Eigenschaften des Tumors und des Immunsystems abgestimmt sind, zu maßgeschneiderten und wirksameren Therapien führen.

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