Burnout: Wie wirkt sich Dauerstress auf den Körper aus?

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Immer weniger Zeit für Erholung

Der Gedanke, sich zur Arbeit schleppen zu müssen, erfüllt manche von uns mit Angst. Manchmal ist der Punkt erreicht, an dem Arbeit und Freizeit einfach keine Rolle mehr spielen. Wenn das auf dich zutrifft, könntest du an Burnout leiden – einer Form der Erschöpfung, die durch die ununterbrochene Belastung hervorgerufen wird und sich auch auf andere Lebensbereiche ausdehnen kann. In der modernen Arbeitswelt ist Burnout längst keine Seltenheit mehr. Die Anforderungen steigen, die Zeit für Erholung kommt oft zu kurz. Doch wie wirkt sich ein Burnout auf die Gesundheit aus und was kann man tun, um sich schnell wieder zu erholen? Wir haben bei Sabrina Krauss, Professorin an der SRH Hochschule in Nordhein-Westfalen, nachgefragt. Sie berät unter anderem Wirtschafts-Unternehmen, coacht Führungskräfte und forscht zu den zu den Themen Resilienz-Stärkung und dem Zusammenhang von Langeweile und Kreativität.

Frühe Anzeichen von Burnout

Burnout entsteht nicht von heute auf morgen. Es gibt viele Anzeichen, die darauf hinweisen können, dass jemand auf dem Weg in einen ausgebrannten Zustand ist. „Burnout ist mehr als nur Müdigkeit oder Unzufriedenheit mit der Arbeit. Es ist ein Erschöpfungszustand, der oft mit negativen Einstellungen und dem Gefühl des Ausgebrannt-seins verbunden ist,“ erklärt Krauss. Drei zentrale Merkmale sind besonders zu beachten: Emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und das Gefühl reduzierter Leistungsfähigkeit. Emotionale Erschöpfung äußert sich in einem anhaltenden Gefühl der Überforderung, oft begleitet von einem zunehmenden Energieverlust. „Das Gefühl, durch die Arbeit oder den Kontakt mit Kunden überanstrengt und ausgelaugt zu sein, ist ein klares Warnsignal“, so Krauss. Depersonalisation zeigt sich, wenn Menschen im Beruf zunehmend gefühllos und abgestumpft reagieren, vor allem gegenüber Kunden oder Kollegen. Schließlich kann auch das Gefühl, weniger kompetent zu sein und in der Arbeit keine Erfüllung mehr zu finden, auf ein drohendes Burnout hindeuten.

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Berufliche Belastung

Die Ursachen von Burnout sind oft komplex und vielschichtig. Auch wenn der Arbeitsplatz eine wichtige Rolle spielt, ist es selten die Arbeit allein, die zu Burnout führt. „Überlastung hat meist eine multikausale Entstehungsgeschichte, und ein Arbeitgeber kann nicht einfach für die Entstehung eines Burnouts bei anderen Personen verantwortlich gemacht werden,“ betont Krauss. Dennoch können Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, um das Risiko zu minimieren.Vernünftige Einstellungspraktiken sind entscheidend, um sicherzustellen, dass die Personen den Herausforderungen des Jobs tatsächlich gewachsen sind“,  erklärt Krauss. Darüber hinaus ist eine gute Führung wichtig, damit sich die Mitarbeiter:innen am Arbeitsplatz wohl fühlen und ihre Leistung entfalten können. Auch die soziale Unterstützung durch Kolleg:innen spielt eine große Rolle. Ein offenes und unterstützendes Arbeitsumfeld kann helfen, Stress abzubauen und das Wohlbefinden zu fördern.

Langfristige Folgen

Burnout hat langfristig tiefgreifende Auswirkungen auf den Körper, die weit über das unmittelbare Gefühl der Erschöpfung hinausgehen. Wird es nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, kann es zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen. Chronische Erschöpfung und Dauerstress belasten das Herz-Kreislauf-System, was zu Bluthochdruck und einem erhöhten Herzinfarktrisiko führen kann. Auch das Immunsystem leidet unter der ständigen Anspannung, was die Anfälligkeit für Infektionen und Krankheiten erhöht. Schlafstörungen, die häufig mit Burnout einhergehen, verstärken diesen Effekt noch, indem sie dem Körper die notwendige Erholung vorenthalten. Sabrina Krauss betont: „Wenn man sich gut reflektieren kann und entsprechende Änderungen wagt, erholt man sich in der Regel schnell“. Doch oft fehlt den Betroffenen der Anstoß, selbst zu handeln und Veränderungen in Angriff zu nehmen. „Viele hängen der Utopie an, dass sich Zufriedenheit und Glückserleben ändern werden, obwohl man selbst nichts ändert,“ so Krauss. Diese Trägheit, gepaart mit Dauerstress, kann auch zu chronischen Schmerzen und Verdauungsproblemen führen, die den Körper dauerhaft schwächen. Langanhaltender Stress erhöht zudem das Risiko für psychische Störungen wie Depressionen und Angstzustände, wodurch ein Teufelskreis entsteht, der die körperliche und geistige Erschöpfung noch verstärkt.

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Persönliche Lebensführung als Schutzschild

Während berufliche Faktoren oft im Mittelpunkt stehen, sollte die Bedeutung der persönlichen Lebensweise nicht unterschätzt werden. „Genügend Pausen, Schlaf, Erholung und soziale Kontakte sind essenziell, um einem Burnout vorzubeugen,“ rät Krauss. Ebenso wichtig sei es, eine gute Balance zwischen Anspannung und Entspannung zu finden. Ein weiterer Aspekt, ist die Reflexion über den eigenen Berufsweg. „Die Frage ,Ist dieser Job der Richtige?‘ darf sich jeder stellen, der bei sich die Gefahr eines Burnouts sieht,“ so die Expertin. Oft nehmen Menschen nur aufgrund des sozialen Drucks Jobs oder Verpflichtungen an, die nicht zu ihnen passen. Das kann aber auf Dauer zu innerer Unzufriedenheit und schließlich zum Burnout führen. In unserer zunehmend isolierten Welt ist auch Einsamkeit ein ernstzunehmender Risikofaktor. „Menschen brauchen das Gefühl der Zugehörigkeit und der Verbundenheit, um sich wohlzufühlen,“ erklärt Krauss. Soziale Bindungen, sei es durch Familie, Freunde oder Gemeinschaften, spielen eine zentrale Rolle bei der Prävention von Burnout.

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Unterstützung suchen

Ist ein Burnout bereits eingetreten, ist es wichtig, rechtzeitig Hilfe zu suchen. „Wenn jemand wirklich Leidensdruck hat, sollte er sich Hilfe bei professionellen Instanzen suchen,“ empfiehlt Krauss. Professionelle Hilfe, z.B. von Therapeut:innen oder Berater:innen, kann helfen, die Ursachen von Burnout zu erkennen und Wege zur Bewältigung zu finden. Auch wenn Freunde und Familie in dieser Zeit eine wichtige emotionale Stütze sein können, liegt die Verantwortung für die eigene Gesundheit letztlich bei jedem Einzelnen. Es ist wichtig, regelmäßig zu reflektieren, ob man einen ausreichenden Ausgleich zur Arbeit hat und ob die eigenen sozialen Kontakte noch einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden haben. So kann vermieden werden, dass belastende Freundschaften oder familiäre Beziehungen den Erholungsprozess zusätzlich erschweren.

Sabrina Krauss ist Professorin und Studiengangsleiterin für Psychologie
Sabrina Krauss, Professorin und Studiengangsleiterin für Psychologie

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