Zwanghafter Sport
Heutzutage wird Sport oft als Allheilmittel für körperliche Gesundheit und Wohlbefinden angesehen. In der Tat ist regelmäßiger Sport nicht nur gut für den Körper, sondern auch für das Selbstwertgefühl und für die Psyche. Was aber, wenn man es übertreibt? Kann zu viel Training sogar krank machen? Einige Studien werfen Licht auf diese Frage und zeigen, dass exzessives Training tatsächlich unerwünschte Nebenwirkungen haben kann. Das gilt nicht nur für Spitzenathleten, sondern auch für Hobbysportler.
Übertraining und Stresslevel
Auch beim Sport gibt es ein „zu viel“: Kennst du das Gefühl, wenn du die Treppe nicht mehr hochkommst, die Beine brennen und du kaum noch Energie hast? Dann solltest du vielleicht eine Pause einlegen. Wer keine Erholungsphasen einplant und ständig über seine Grenzen geht, tut sich keinen Gefallen. Im Gegenteil: Neben Muskelkater, einem hohen Verletzungsrisiko und Ermüdungserscheinungen wirkt sich Übertraining auch auf andere Aspekte negativ aus. Es führt in der Regel zu einer Erhöhung des Stresslevels und zu einer vermehrten Ausschüttung von Cortisol. Dieser Effekt tritt vor allem bei intensiven und lang andauernden Trainingseinheiten auf, bei denen der Körper nicht genügend Zeit hat, sich zu erholen. Eine chronisch erhöhte Stressbelastung kann langfristig zu verschiedenen gesundheitlichen Problemen wie Schlafstörungen, Depressionen und einem geschwächten Immunsystem führen. Auch die Hautalterung wird vom Cortisolspiegel beeinflusst – zu viel Sport kann also sowohl äußerlich als auch innerlich auslaugen. Das heißt natürlich nicht, dass man nicht auch hart trainieren kann, aber eben nicht jeden und nicht mehrmals am Tag. Außerdem ist es wichtig, die Trainingseinheiten gut zu zu planen: Wenn du beispielsweise bereits einen stressigen Arbeitstag hinter dir hast, ist es besser, ein leichtes Training zu machen, um deinen Cortisolspiegel nicht noch weiter in die Höhe zu treiben und so deinen Rhythmus zu stören. Erhöhter Stress führt meist auch zu schlechterem Schlaf, Kopfschmerzen und Augenzucken.
Mentale Auswirkungen und Stimmungslage
Neben den körperlichen Symptomen des Übertrainings hat eine Studie des Labors für Sportpsychologie und des Sportforschungsinstituts der Autonomen Universität Barcelona auch die Stimmungslage von Sportler*innen untersucht. Das Ergebnis: Ein zu belastendes Training kann sich negativ auf die Stimmung am Tag nach dem Training auswirken. Die Forscher fanden heraus, dass je anstrengender eine Sporteinheit war, desto schlechter war die Herzfrequenzvariabilität am nächsten Tag, die wiederum in direktem Zusammenhang mit der Gemütslage steht. Das unterstreicht die Notwendigkeit, die Trainingsintensität sorgfältig zu bestimmen und auf die Signale des eigenen Körpers zu hören.
Unsichtbare Erschöpfung des Gehirns
Die Vorstellung, dass Übertraining lediglich die Muskeln und die Stimmungslage beeinflusst, wird durch aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse erweitert. Forschungen aus Frankreich, legen sogar nahe, dass exzessives Training sogar das Gehirn ermüden lässt, was sich in impulsiverem und kurzsichtigerem Handeln niederschlagen kann. Die Erkenntnisse basieren auf einer Studie mit 37 männlichen Triathleten, von denen einige ihr Trainingspensum um 40 Prozent steigerten, während die Kontrollgruppe bei ihrem gewohnten Pensum blieb. Die Ergebnisse zeigten, dass die übertrainierten Sportler eine Tendenz zu impulsiven Entscheidungen hatten. Die kognitive Kontrolle, also die Fähigkeit, Entscheidungen bewusst zu steuern, war bei übertrainierten Sportlern beeinträchtigt. Dies zeigte sich in einer verminderten Aktivität des lateralen präfrontalen Kortex, einer Hirnregion, die für die situationsgerechte Steuerung von Handlungen und die Kontrolle von Emotionen zuständig ist. Die Forscher verglichen diese Ermüdung mit der von Menschen, die sich geistig überanstrengen.
Physische Auswirkungen und Verletzungsrisiken
Neben den psychologischen Auswirkungen hat die oben genannte Studie auch physische Konsequenzen des übermäßigen Trainings beleuchtet. Es wurde festgestellt, dass exzessive Belastung des Körpers das Risiko von Verletzungen dramatisch erhöht. Muskelschäden, Sehnenentzündungen und Gelenksprobleme sind nur einige der möglichen Folgen. Darüber hinaus kann übermäßiges Training zu einem Ungleichgewicht im Hormonhaushalt führen, was wiederum den Stoffwechsel und die Muskelregeneration beeinträchtigt.
Die Balance zwischen Anstrengung und Erholung
Das Phänomen des Übertrainings, auch Übertrainingssyndrom genannt, äußert sich also nicht nur in körperlicher, sondern auch in geistiger Erschöpfung. Die Ergebnisse dieser Studien unterstreichen die Bedeutung eines ausgewogenen Trainingsplans, der sowohl aktive Phasen als auch ausreichende Ruhephasen beinhaltet. Nur so kann langfristig eine optimale körperliche Gesundheit und Leistungsfähigkeit erzielt werden. Gerade im Social Media Zeitalter, in dem oft der Ansatz „mehr ist besser“ überwiegt, ist es wichtig zu erkennen, dass es auf das richtige Maß ankommt, um die negativen Auswirkungen von übermäßigem Training zu vermeiden.
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