Body Dysmorphia: Wenn das Spiegelbild krank macht

Wie erkennt man eine körperdysmorphe Störung?

Die Schattenseite des Fitness

Stell dir vor, du stehst vor dem Spiegel und siehst nicht das Bild, was andere von dir sehen. Stattdessen siehst du einen verzerrten Schatten deiner selbst – ein Bild, das dir nie genug zu sein scheint. Diese schmerzhafte Realität teilen viele Menschen, die an einer körperdysmorphen Störung leiden, einer psychischen Erkrankung, die oft im Schatten des Alltags verborgen bleibt. Gerade im Fitnessbereich, wo der Druck, ein ideales Körperbild zu erreichen, immer präsent ist, können die Auswirkungen dieser Störung überwältigend sein. Viele Menschen, die regelmäßig ins Fitnessstudio gehen oder strenge Diäten halten, können unbewusst von dieser Störung betroffen sein, ohne es zu merken. Doch wie lässt sich diese psychische Störung erkennen und gibt es einen Ausweg aus dem Teufelskreis des ständigen Strebens nach dem perfekten Körper?

Was ist körperdysmorphe Störung?

Bei der körperdysmorphen Störung, auch Dysmorphophobie genannt, kommt es zu einer zwanghaften Beschäftigung mit wahrgenommenen Mängeln im Aussehen, die für Außenstehende oft nicht erkennbar sind. Für die Betroffenen haben diese vermeintlichen Makel jedoch eine immense Bedeutung. Sie sehen sich selbst in einem verzerrten Licht und empfinden sich häufig als unattraktiv oder minderwertig, was zu einem hohen Leidensdruck führen kann. Die Fokussierung auf das eigene Aussehen kann dazu führen, dass die Betroffenen die Kontrolle über ihre Selbstwahrnehmung verlieren und ihre Lebensqualität erheblich beeinträchtigt wird.

Wahrnehmung von Körperteilen als Mackel

Die Betroffenen konzentrieren sich oft auf bestimmte Körperteile, die sie als unvollkommen empfinden. Häufig sind dies Gesichtsmerkmale wie Nase und Augen oder Körperregionen wie Bauch, Arme und Beine. Auch Merkmale wie Hautbeschaffenheit, Haarqualität oder Körperbehaarung können als Makel wahrgenommen werden. Diese fixierte Wahrnehmung führt nicht selten dazu, dass extreme Maßnahmen ergriffen werden, um diese vermeintlichen Mängel zu kaschieren oder zu verändern. In der Fitnesswelt kann es zu exzessivem Training, strengen Diäten oder der Einnahme leistungssteigernder Substanzen führen, alles in der Hoffnung, den eigenen Körper zu optimieren und unrealistischen gesellschaftlichen Maßstäben gerecht zu werden.

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Muskeldysmorphie – eine Form der Body Dysmorphia

Die Muskeldysmorphie, oft auch als „Adonis-Komplex“ bezeichnet, ist eine spezifische Form der Körperwahrnehmungsstörung, bei der das Streben nach einem übermäßig muskulösen und makellosen Körperbild im Mittelpunkt steht. Die Betroffenen, häufig Männer, aber auch Frauen, empfinden sich trotz eines gut entwickelten Körpers als zu klein oder zu wenig muskulös. Diese verzerrte Selbstwahrnehmung führt dazu, dass sie extreme Maßnahmen ergreifen, um ihr Idealbild zu erreichen, darunter exzessives Training, strenge Diäten und die Einnahme zahlreicher Nahrungsergänzungsmittel. Häufig gehen Muskeldysmorphie und ein tiefes Gefühl der Unzufriedenheit einher, wodurch die Betroffenen in einen Teufelskreis aus körperlicher Anstrengung und emotionalem Stress geraten. Anstatt Befriedigung über ihre Fortschritte zu empfinden, steigern sie ihre Anstrengungen, was zu physischen und psychischen Gesundheitsproblemen führen kann.

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Social Media als Auslöser

Körperdysmorphe Störungen können jeden treffen, unabhängig von Geschlecht, Alter oder Fitnesslevel. Studien zeigen, dass etwa 2-3% der Bevölkerung an einer Form dieser Störung leiden. Bei Fitness-Enthusiasten könnte die Zahl aufgrund des starken Drucks, einen bestimmten Körperbau zu erreichen, noch höher liegen. Ein wichtiger Faktor, der dieses Problem verstärkt, ist der Einfluss der sozialen Medien. Plattformen wie Instagram und TikTok zeigen häufig idealisierte und retuschierte Körperbilder, die als Norm dargestellt werden. Das kann zu einem verzerrten Selbstbild der Nutzer:innen führen, da sie sich ständig mit den unrealistischen Darstellungen von Fitness-Influencern und Models vergleichen.

Der ständige Zugang zu diesen Bildern verstärkt nicht nur das Gefühl der Unzulänglichkeit, sondern auch die Überzeugung, dass ein perfekter Körper die Voraussetzung für soziale Akzeptanz und Erfolg ist. Verstärkt wird dieser Druck durch die Interaktion mit Gleichgesinnten in sozialen Medien, die das Bedürfnis, ein bestimmtes Bild zu präsentieren, weiter erhöhen. Negative Kommentare können das Selbstwertgefühl zusätzlich beeinflussen und die Selbstkritik verstärken. Als Folge können Betroffene in eine Negativspirale aus Selbstzweifeln, übermäßigem Training und möglicherweise Essstörungen geraten. Es ist daher wichtig, sich der Einflüsse von Social Media bewusst zu sein und einen gesunden Umgang mit diesen Plattformen zu finden, um das eigene Körpergefühl nicht zu gefährden.

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Ursachen von Body Dysmorphia im Fitness

Die Ursachen dieser psychischen Störung sind komplex und vielfältig. Neben den Sozialen Medien kann auch das Soziale Umfeld , wie z.B. das Fitnessstudio, einen Einfluss haben. In Fitnessstudios ist der Vergleich mit anderen allgegenwärtig, was das Selbstwertgefühl weiter senken und die Wahrnehmung des eigenen Körpers negativ beeinflussen kann.

Auch der familiäre Hintergrund und Kindheitserfahrungen spielen eine Rolle. Menschen, die in einem kritischen Umfeld aufgewachsen sind oder in ihrer Jugend gemobbt wurden, haben ein höheres Risiko, an dieser Störung zu leiden. Auch ein strenges Erziehungsmilieu, in dem das äußere Erscheinungsbild eine große Rolle spielt, kann zur Entstehung von Körperdysmorphien beitragen. Genetische Faktoren sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen – Studien zeigen, dass das Risiko steigt, wenn nahe Verwandte bereits betroffen sind.

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Wie erkennt man diese Erkrankung?

Die Symptome der Körperdysmorphen Störung können sich auf unterschiedliche Weise äußern und sind von Person zu Person unterschiedlich. Zu den häufigsten Symptomen gehört die ständige und übermäßige Beschäftigung mit bestimmten Körpermerkmalen, die als unattraktiv empfunden werden. Betroffene neigen häufig dazu, sich im Spiegel zu betrachten, sich mit anderen zu vergleichen oder zu versuchen, vermeintliche Mängel durch Kleidung, Make-up oder kosmetische Behandlungen zu kaschieren.

Darüber hinaus zeigen viele Menschen mit dieser Störung Verhaltensweisen wie die Vermeidung sozialer Situationen, in denen sie sich unwohl fühlen könnten, oder die Suche nach Bestätigung durch andere, um ihr Selbstwertgefühl zu stärken. Emotionale Symptome wie Angst, Depression oder Einsamkeitsgefühle sind ebenfalls häufig.
Um diese Erkrankung zu erkennen, ist es wichtig, auf diese Verhaltensweisen und Gedankenmuster zu achten, insbesondere wenn sie das tägliche Leben und die sozialen Beziehungen stark beeinträchtigen. Falls du einige dieser Verhaltensmuster bei dir bemerkst, zögere nicht, sich an ein:e Spezialist:in zu wenden. Ein:e Psycholog:in oder Psychotherapeut:in kann helfen, eine genaue Diagnose zu stellen und geeignete Behandlungsmöglichkeiten zu finden.

@drjaleelmohammed Body dysmorphia, or body dysmorphic disorder (BDD), is a mental health condition characterised by obsessive preoccupation with perceived flaws in physical appearance. Individuals with BDD often engage in repetitive behaviors or mental acts in response to these perceived flaws, such as excessive grooming, seeking reassurance, or comparing themselves to others. This condition can significantly impair daily functioning and lead to distress and social isolation. Treatment typically involves therapy, medication, or a combination of both. #bodydysmorphia #bdd #mentalhealth #psychiatry #psychiatrist ♬ original sound – Dr Jaleel Mohammed

Folgen der Muskeldysmorphie

Die Auswirkungen von Body Dysmorphia sind oft weitreichend und können das tägliche Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen. Zu den häufigsten Folgen gehören psychische Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen, die aus dem ständigen Druck, einem bestimmten Körperideal zu entsprechen, resultieren. Selbstkritik und Gefühle der Minderwertigkeit können zu ernsthaften psychischen Problemen führen, die eine professionelle Behandlung erfordern.

Ein weiteres schwerwiegendes Problem ist die soziale Isolation, die oft durch die Angst vor Ablehnung oder Kritik verursacht wird. Betroffene meiden häufig soziale Aktivitäten, was zum Verlust von Freundschaften und sozialen Bindungen führen kann. Das Bedürfnis, sich vor anderen zu verstecken, verstärkt das Gefühl der Einsamkeit und führt zu emotionaler Belastung. Auch körperliche Gesundheitsprobleme sind eine häufige Folge. Übermäßiges Training und ungesunde Diäten können zu ernsthaften Gesundheitsproblemen wie Essstörungen, Überlastungsverletzungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.

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@danilopintus body dysmorphia is real thing. remember you’re bigger then your mind believes. keep pushin’ #fyp #gymtok #bodydysphormia #mindset ♬ i was only temporary – my head is empty

Anabole Steroide – eine häufige Folge

Aktuelle Studien zeigen außerdem, dass Muskeldysmorphie häufig mit dem Konsum von leistungssteigernden Substanzen wie anabolen Steroiden in Verbindung gebracht wird. Diese Störung ist häufig mit dem Streben nach einem idealisierten Körperbild verbunden und führt dazu, dass viele Menschen anabole Steroide verwenden, um ihr äußeres Erscheinungsbild zu verändern. Diese synthetischen Abkömmlinge des Testosterons fördern den Muskelaufbau und steigern die sportliche Leistungsfähigkeit. Ironischerweise kann der Missbrauch dieser Substanzen die Symptome der Störung verschlimmern. Konsument:innen können in einen Teufelskreis aus exzessivem Training und der Suche nach weiteren Leistungssteigerungen geraten. Das kann langfristige Gesundheitsrisiken mit sich bringen und die psychische Gesundheit weiter gefährden.

Kann man die Störung behandeln?

Die Behandlung von Körperdysmorphien kann ein schwieriger, aber wichtiger Weg zur Heilung sein. Ein Ansatz, der psychologische, medizinische und soziale Unterstützung kombiniert, ist oft am effektivsten. Psychotherapie, insbesondere kognitive Verhaltenstherapie, hat sich als besonders wirksam erwiesen. Dabei lernen die Betroffenen, ihre Gedanken und Überzeugungen über ihren Körper zu hinterfragen und realistischere Perspektiven zu entwickeln.

In manchen Fällen kommt auch eine medikamentöse Behandlung in Frage, insbesondere wenn psychische Begleiterkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen vorliegen. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann eine wertvolle Unterstützung sein, da er das Gefühl der Isolation verringert und die Möglichkeit bietet, Erfahrungen und Bewältigungsstrategien auszutauschen. Eine frühzeitige Intervention kann dazu beitragen, die negativen Auswirkungen der Körperdysmorphien zu minimieren und den Betroffenen zu einem gesünderen Körperbild zu verhelfen.

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