Unsere Nieren leisten täglich Unglaubliches: Sie filtern Abfallstoffe aus dem Blut, regulieren den Flüssigkeits- und Mineralhaushalt und tragen maßgeblich dazu bei, unseren Blutdruck zu stabilisieren. Doch was passiert, wenn diese lebenswichtigen Organe geschädigt werden, ohne dass wir es bemerken? Und welche Rolle spielt dabei der Blutdruck?
Die Nieren: Mehr als nur Filter
Sie filtern täglich unzählige Abfallprodukte und überschüssige Flüssigkeit aus unserem Blut, verhindern so die Ansammlung von Toxinen und helfen, den Körper von schädlichen Stoffen zu befreien. Doch ihre Aufgaben hören hier nicht auf.
Sie regulieren den Salz- und Mineralhaushalt, steuern die Produktion von roten Blutkörperchen und tragen zur Aufrechterhaltung eines stabilen Blutdrucks bei. Diese feinen, aber lebenswichtigen Mechanismen sind entscheidend für die Homöostase, also das Gleichgewicht der inneren Körperfunktionen.
Doch was passiert, wenn diese Organe Schaden nehmen? Wenn die Nieren nicht mehr in der Lage sind, ihre Aufgaben richtig zu erfüllen, kann es weitreichende Folgen für den gesamten Körper haben.
Abfallstoffe und Flüssigkeiten sammeln sich im Körper an, der Mineralhaushalt gerät aus dem Gleichgewicht, und der Blutdruck kann steigen. Das kann zu schwerwiegenden Gesundheitsproblemen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Ödemen (Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe) und sogar zu akutem oder chronischem Nierenversagen führen.
Was haben Nieren mit Bluthochdruck zu tun?
Die Medizinische Universität Wien hat nun herausgefunden, dass Bluthochdruck bereits in sehr frühen Stadien zu strukturellen Veränderungen an den Nieren führen kann – und das sogar bevor die ersten Symptome überhaupt auftreten.
Die Studie hat dabei vor allem die sogenannten Podozyten unter die Lupe genommen. Das sind Zellen, die wie eine Art Sieb wirken, um Abfallprodukte aus dem Blut zu filtern und gleichzeitig wichtige Nährstoffe im Körper zu behalten. Sie befinden sich in den Nierenkörperchen (Glomeruli) und sind essenziell für die korrekte Funktion der Nieren.
Die neue Studie hat gezeigt, dass Bluthochdruck dazu führen kann, dass diese Podozyten ihre normale Struktur verändern. Sie werden kleiner und die Zellkerne vergrößern sich – ein Zeichen dafür, dass die Zellen unter Stress stehen und ihre Funktion nicht mehr richtig ausführen können.
Und das Besondere daran? Diese Veränderungen treten auch dann auf, wenn der oder die Betroffene keinen weiteren Risikofaktor wie Diabetes hat. Bluthochdruck alleine reicht aus, um die Nieren nachhaltig zu schädigen.
Ein Blick hinter die Kulissen der Forschung
Für die Studie analysierte das Forschungsteam rund 100 Gewebeproben aus Nieren von Patient:innen, die entweder an Bluthochdruck oder an Bluthochdruck in Kombination mit Typ-2-Diabetes litten. Die Proben wurden zwischen 2013 und 2018 während chirurgischer Eingriffe entnommen, bei denen den Patient:innen aufgrund von Nierentumoren ein Teil ihrer Niere entfernt werden musste.
Mit Hilfe moderner Technologien wie bildgebender Verfahren und Künstlicher Intelligenz (KI) untersuchten die Forscher die Struktur der Nierenkörperchen und die Podozyten. Besonders spannend war der Einsatz von Deep Learning, einer speziellen Form der KI, die es ermöglichte, die Gewebeproben präzise auszuwerten und so sehr detaillierte Ergebnisse zu erhalten.
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Früher Bluthochdruck = Frühe Schäden
Die Ergebnisse waren eindeutig: Bei Patient:innen mit Bluthochdruck fanden die Forscher:innen eine verringerte Dichte der Podozyten sowie vergrößerte Zellkerne.
„Die Veränderungen in den Podozyten deuten darauf hin, dass Bluthochdruck schon früh in seiner Entwicklung die Nieren schädigen kann“, erklärt Christopher Paschen, Erstautor der Studie. „Was uns überrascht hat, ist, dass diese Schäden auch ohne die zusätzliche Diagnose von Diabetes auftraten.“ Bisher dachte man nähmlich, dass der Hauptfaktor für Nierenschäden hauptsächlich Diabetes ist.
Doch die neue Studie zeigt, dass Bluthochdruck in der Lage ist, Schäden in der Niere bereits in einem frühen Stadium zu verursachen, und zwar bevor der Patient irgendwelche Symptome bemerkt.
Warum Bluthochdruck mehr schadet, als du denkst
Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen, wie wichtig die Früherkennung von Bluthochdruck ist. Bluthochdruck ist heimtückisch – oft zeigt er keine offensichtlichen Warnzeichen, bis er bereits großen Schaden angerichtet hat.
Doch auch ohne Symptome kann der hohe Druck auf die Blutgefäße langfristig Schäden verursachen – nicht nur in den Nieren, sondern auch im Herz-Kreislaufsystem. Diese schleichenden Schäden werden oft erst dann bemerkt, wenn es schon zu spät ist.
Wie du Bluthochdruck frühzeitig erkennst
Der Schlüssel zur Früherkennung liegt in einer regelmäßigen Blutdruckmessung, denn je früher du deinen Blutdruck überprüfst, desto eher kannst du potenzielle Probleme aufdecken. Das geht ganz einfach – entweder bei deine:r Ärzt:in, in der Apotheke oder bequem zu Hause mit einem eigenen Messgerät.
Besonders wenn du Risikofaktoren wie Übergewicht, familiäre Vorbelastung oder Stress ausgesetzt bist, solltest du deinen Blutdruck regelmäßig kontrollieren. Ideal wäre ein Wert von etwa 120/80 mmHg. Wenn der Wert jedoch über 140/90 mmHg steigt, solltest du dringend handeln.
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Blutdruck ohne Medikamente in den Griff bekommen
Bluthochdruck lässt sich zum Glück auf verschiedene Weisen effektiv senken – und das ganz ohne medikamentöse Behandlung, wenn man früh genug handelt.
- Regelmäßige Bewegung: Tägliche körperliche Aktivität, wie ein Spaziergang, Radfahren oder Schwimmen für etwa 30 Minuten, hilft, den Blutdruck auf natürliche Weise zu senken.
- Ausgewogene Ernährung: Achte darauf, den Salzverbrauch zu reduzieren und dafür mehr frisches Obst, Gemüse und Vollkornprodukte in deinen Speiseplan aufzunehmen. Gesunde Fette, wie die aus Nüssen und Fisch, sind ebenfalls eine gute Wahl.
- Gewicht im Blick behalten: Schon eine geringe Gewichtsreduktion kann den Blutdruck spürbar verbessern – jedes verlorene Kilo wirkt sich positiv aus.
- Stress abbauen: Nutze Techniken wie Yoga, Meditation oder einfach tiefes Durchatmen, um den Alltagsstress zu lindern und so deinen Blutdruck zu stabilisieren.
- Rauchen aufgeben: Das Rauchen erhöht den Blutdruck und schädigt die Blutgefäße – ein guter Grund, mit dieser Gewohnheit Schluss zu machen.
- Alkoholkonsum reduzieren: Ein moderater Umgang mit Alkohol trägt dazu bei, den Blutdruck in einem gesunden Bereich zu halten.
Früherkennung: Dein Schlüssel zu einem gesunden Leben
Bluthochdruck mag auf den ersten Blick wie eine „harmlosere“ Erkrankung erscheinen, doch er ist weitaus gefährlicher, als wir bisher gedacht haben. Die Veränderungen an den Nieren sind oft der erste Hinweis auf Schäden, die bereits im Körper vor sich gehen – noch bevor Symptome auftreten.
Die gute Nachricht? Wer rechtzeitig eingreift, hat die Chance, sich vor irreparablen Schäden zu schützen und das eigene Leben entscheidend zu verbessern. Achte auf deinen Blutdruck, achte auf deine Nieren – und du wirst nicht nur heute, sondern auch in vielen Jahren noch von einem gesunden, vitalen Körper profitieren.